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Vertretung in Luxemburg
Presseartikel17. November 2022Vertretung in Luxembourg

Daten zur Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe (AMR): Der Einsatz antimikrobieller Mittel in der EU nimmt ab, es muss jedoch noch mehr getan werden

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) stellen eines der größten Risiken für die menschliche Gesundheit dar und gehören zu den von der HERA ermittelten drei größten Gesundheitsgefahren, die Koordinierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erfordern.

Weekly meeting of the von der Leyen Commission, 22/06/2022

Kurz vor dem Europäischen Tag der Sensibilisierung für Antibiotikaresistenz zeigt eine europaweite Umfrage zur Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe, dass die Hälfte der Europäerinnen und Europäer fälschlicherweise glaubt, dass Antibiotika Viren abtöten. Im vergangenen Jahr haben 23 % der Befragten Antibiotika verwendet, was der niedrigste Wert seit 2009 ist und zeigt, dass sich die Bemühungen der Mitgliedstaaten und der Kommission zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Gefahren eines übermäßigen Gebrauchs von Antibiotika gelohnt haben. Dennoch muss noch viel mehr getan werden.

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) stellen eines der größten Risiken für die menschliche Gesundheit dar und gehören zu den von der HERA, der Europäischen Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, ermittelten drei größten Gesundheitsgefahren, die Koordinierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erfordern. Neuen Daten zufolge, die heute vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) veröffentlicht wurden, sterben jährlich in der gesamten Europäischen Union, Island und Norwegen mehr als 35 000 Menschen an antibiotikaresistenten Infektionen. Solche Infektionen verursachen zusätzliche Gesundheitskosten in Höhe von 1,5 Mrd. EUR sowie Produktivitätsverluste in der EU.

Eurobarometer-Umfrage: Nur jede(r) zweite Befragte weiß, dass Antibiotika nicht wirksam gegen Viren sind

Eine Eurobarometer-Sonderumfrage, die heute veröffentlicht wurde, gibt einen Überblick über die Einstellung der Europäerinnen und Europäer zu Antibiotika. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Der Einsatz von Antibiotika erreichte ein Rekordtief: 23 % der Europäerinnen und Europäer geben an, im vergangenen Jahr Antibiotika auf oralem Wege eingenommen zu haben, was den niedrigsten Stand seit 2009 darstellt. Die Bandbreite reicht jedoch von 42 % in Malta bis 15 % in Schweden und Deutschland.
  • Etwa 8 % der Antibiotika wurden ohne ärztliche Verschreibung verwendet.
  • Ein sehr großer Teil der Europäerinnen und Europäer hat Antibiotika ungerechtfertigterweise verwendet (d. h. wegen Virusinfektionen oder nur aufgrund von Symptomen).

Die Umfrage zeigte auch eine besorgniserregende Unwissenheit unter den Bürgerinnen und Bürgern auf, was den richtigen Einsatz von Antibiotika betrifft:

  • Nur die Hälfte (50 %) der Befragten weiß, dass Antibiotika nicht wirksam gegen Viren sind.
  • Nur drei von zehn Europäerinnen und Europäern wussten, dass der unnötige Einsatz von Antibiotika sie unwirksam macht, dass die Verwendung von Antibiotika erst nach Abschluss der gesamten Behandlung eingestellt werden sollte, dass Antibiotika häufig Nebenwirkungen wie Diarrhö nach sich ziehen und dass Antibiotika gegen Erkältungen wirkungslos sind.

ECDC-Daten: starker Anstieg der Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe

Neue, heute vom ECDC veröffentlichte Daten zeigen, dass die Zahl der Infektionen und Todesfälle aufgrund antibakterieller Resistenzen in der EU/im EWR zwischen 2016 und 2020 insgesamt erheblich gestiegen ist. Zwischen 2017 und 2021 stiegen auch die Zahl und der Anteil der gemeldeten invasiven Infektionen mit Klebsiella pneumoniae und Acinetobacter spp., die gegen Carbapeneme resistent sind, eine Gruppe von Antibiotika, die häufig als letztes Mittel eingesetzt werden.

Der menschliche Gesamtverbrauch antimikrobieller Mittel (in der Primärversorgung und im Krankenhausbereich) ging zwischen 2012 und 2021 um 23 % zurück. Dies zeigt zwar einen deutlichen Rückgang des unnötigen Einsatzes dieser Arzneimittel, jedoch ist auch der Verbrauch der wirksamsten Antibiotika, insbesondere in Krankenhäusern, sehr stark gestiegen. Beispielsweise stieg der Verbrauch von Carbapenemen in Krankenhäusern zwischen 2012 und 2021 um 34 %.

Was unternimmt die Kommission in dieser Hinsicht?

Angesichts der zunehmenden Bedrohung wird deutlich, dass antimikrobielle Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ bekämpft werden müssen, in dem die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier und der Umwelt berücksichtigt werden. Anfang dieses Jahres traten neue EU-Vorschriften in Kraft, mit denen sichergestellt werden soll, dass für die Humanmedizin äußerst wichtige antimikrobielle Wirkstoffe durch ein Verbot ihrer Verwendung in der Veterinärmedizin wirksam bleiben.

Die Kommission hat heute auch eine Überprüfung der nationalen Aktionspläne der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ veröffentlicht. Die Überprüfung ergab, dass viele Mitgliedstaaten von einem verstärkten Ansatz im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ in Bezug auf antimikrobielle Resistenzen profitieren würden, in dem die Auswirkungen von Antibiotika auf die Umwelt berücksichtigt werden. Darüber hinaus veröffentlichte die Kommission eine Stellungnahme des Expertengremiums für wirksame Gesundheitsinvestitionen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im gesamten Gesundheitssystem.

Im ersten Halbjahr 2023 wird die Kommission ihre Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen in einem Vorschlag für eine Empfehlung des Rates und im Rahmen einer vorgeschlagenen Überarbeitung der EU-Arzneimittelvorschriften verstärken. Im Laufe des Jahres 2023 wird die EU im Rahmen des Programms EU4Health eine mit 50 Mio. EUR ausgestattete gemeinsame Aktion mit den Mitgliedstaaten, Norwegen, Island und der Ukraine zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen einleiten.

Im Rahmen von Horizont 2020, dem Forschungsprogramm der EU, wurden über 690 Mio. EUR mobilisiert, um Forschung und Innovation im Bereich antimikrobieller Resistenzen zu unterstützen. In den ersten beiden Jahren von Horizont Europa wurden 32,5 Mio. EUR für 13 Forschungsprojekte zur Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen gebunden.

Hintergrund

Antimikrobielle Resistenzen treten auf, wenn sich Mikroben im Laufe der Zeit verändern und nicht mehr auf Arzneimittel reagieren, die zu deren Abtötung konzipiert sind. Dies macht die Behandlung von Infektionen schwieriger und erhöht das Risiko von Krankheiten, schweren Erkrankungen und Todesfällen.

Der Europäische Tag der Sensibilisierung für Antibiotikaresistenz ist eine jährliche europäische Gesundheitsinitiative, die am 18. November stattfindet, um das Bewusstsein für die Bedrohung durch antimikrobielle Resistenzen und die Bedeutung eines umsichtigen Antibiotikaeinsatzes zu schärfen. Sie wird vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten in Partnerschaft mit der Weltwoche für den verantwortungsvollen Gebrauch von antimikrobiellen Mitteln (18. bis 24. November) koordiniert.

Die Eurobarometer-Umfrage wurde von 21. Februar bis 21. März 2022 in den 27 EU-Mitgliedstaaten durchgeführt. Die vollständigen Ergebnisse, auch nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt, sind hier abrufbar.

Weitere Informationen

Kommission: EU-Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (europa.eu)

Eurobarometer-Umfrage zur antimikrobiellen Resistenzen

Programm „EU4Health“

ECDC: Antimikrobielle Resistenzen (europa.eu)

EFSA: Antibiotikaresistenz EFSA (europa.eu)

Europäische Arzneimittel-Agentur: Antimikrobielle Resistenzen Europäische Arzneimittel-Agentur (europa.eu)

Quote(s)

Antibiotika töten Bakterien ab, nicht Viren. Durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika wird die Resistenz von Bakterien gegenüber unseren Arzneimitteln gefördert. Deshalb wird die Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe häufig als die nächste große Gesundheitskrise betrachtet. Aus der heute vorgelegten Umfrage geht hervor, warum dieses Risiko besteht. Der Kampf gegen die stille Pandemie der Antibiotikaresistenz muss im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ angegangen werden, das den umsichtigeren Einsatz von Antibiotika sowohl beim Menschen als auch bei Tieren einschließt. Dies ist für alle Bürgerinnen und Bürger von entscheidender Bedeutung, und alle medizinischen Fachkräfte sollten sich an diesen gemeinsamen Bemühungen beteiligen.

Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit - 17/11/2022

 

Wir stehen einem besorgniserregenden Anstieg der Zahl von Todesfällen gegenüber, die auf Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien zurückzuführen sind, insbesondere mit solchen, die gegen Reserveantibiotika resistent sind. Täglich sterben in der EU/im EWR fast 100 Menschen an diesen Infektionen. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um den unnötigen Einsatz von Antibiotika weiter zu verringern, Infektionspräventions- und -bekämpfungsverfahren zu verbessern, Programme für den verantwortungsvollen Umgang mit antimikrobiellen Mitteln zu konzipieren und umzusetzen und angemessene mikrobiologische Kapazitäten auf nationaler Ebene sicherzustellen.

Andrea Ammon,Direktor des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten - 17/11/2022

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
17. November 2022
Autor
Vertretung in Luxembourg