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Vertretung in Luxemburg
  • Erklärung
  • 1. Februar 2024
  • Vertretung in Luxembourg
  • Lesedauer: 5 Min

Einleitende Bemerkungen zur außerordentliche Tagung des Europäischen Rates vom 1. Februar 2024

Heute ist ein ganz besonderer Tag: Der Europäische Rat hat ein festen Willen Europas, der Ukraine zur Seite zu stehen, erneut bekräftigt. Wir alle wissen, dass die Ukraine für uns kämpft. Wir werden sie daher mit den erforderlichen Finanzmitteln unterstützen und ihr die dringend benötigte Planbarkeit bieten, die ihr zusteht. Diese 50 Mrd. EUR für vier Jahre sind auch eine sehr deutliche Botschaft an Putin, kurz vor dem zweiten Jahrestag seines brutalen Einmarsches. 

Wir haben uns haben aber auch auf die erstmalige Überarbeitung unseres Mehrjahreshaushalts geeinigt. Darin werden die von der Kommission im Juni vorgelegten Prioritäten bestätigt. Und ich bin sehr zufrieden, dass wir 80 % der beantragten Mittel erhalten haben. Wir hatten sicherlich einige schwierige Entscheidungen zu treffen, aber das Ergebnis ist sehr gut. Wir haben unser Engagement für die Bekämpfung der illegalen Migration bekräftigt. Wir haben unsere Entschlossenheit bekräftigt, unsere Partner im Westbalkan – und in der südlichen Nachbarschaft – mit dem Wachstumsplan zu unterstützen. Wir werden auch besser in der Lage sein, mit Naturkatastrophen in den Mitgliedstaaten und mit humanitären Krisen wie in Gaza umzugehen. Darüber hinaus wird STEP die dringend benötigte Entwicklung kritischer Technologien in Europa, auch im Verteidigungsbereich, fördern und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken. Mit dieser Übereinkunft steht Europa zusammen und ist für die anstehenden Herausforderungen gut gerüstet. Mit anderen Worten: Europa ist heute stärker geworden.

Wir werden die tapferen ukrainischen Streitkräfte auch weiterhin in ihrem Kampf gegen die brutalen Eindringlinge unterstützen. Bislang haben die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten militärische Ausrüstung im Wert von 28 Mrd. EUR aufgeboten. Und natürlich kommt mehr nach, und mehr wird gebraucht – mehr Panzer, Hubschrauber, Luftabwehrsysteme, Raketen. Und auch mehr Munition. Die europäische Verteidigungsindustrie hat ihre Produktionskapazität bereits um 40 % gesteigert – und sie wächst weiter. Mehr als 80 europäische Hersteller haben auf unsere Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen geantwortet. Die Unterzeichnung der Verträge ist also nur eine Frage von Wochen. Wir arbeiten mit den Mitgliedstaaten zusammen, um diese Munition in die Ukraine zu bringen – sei es aus nationalen Beständen oder durch Umlenken anderer Aufträge oder durch Neubestellungen wie die eben beschriebenen. Bis März werden wir 520 000 Artilleriegranaten geliefert haben. Und wir werden diese Menge bis Ende dieses Jahres mehr als verdoppeln. Darüber hinaus haben wir ukrainische Soldaten ausgebildet – 40 500 bis Mitte Februar. Diese Unterstützung muss jedoch zunehmen, und darum ging es bei den die heutigen Gesprächen. Die Invasion Russlands war in der Tat auch ein Alarmsignal für die gesamte Europäische Union. Während wir die Ukraine weiterhin unterstützen, müssen wir also auch unsere eigenen militärischen Kapazitäten stärken. Wir arbeiten daran, unsere Verteidigungsindustrie auf die nächste Stufe zu heben. Daher wird die Kommission bald eine neue Strategie für die Verteidigungsindustrie vorlegen. Sie wird die europäische Dimension in unserer gesamten Verteidigungsindustrie stärken. Das reicht von der Planung bis zur Auftragsvergabe, und wir werden eine größere Kohärenz und Koordinierung auf EU-Ebene haben. Mit dieser Strategie wollen wir Europa dahin bringen, dass es nicht nur auf Notfälle reagiert, sondern verteidigungsbereit ist.

Lassen Sie mich ein paar Worte zur Debatte über die Landwirtschaft anfügen. Die Landwirtinnen und Landwirte spielen eine wesentliche Rolle in der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Arbeit trägt in hohem Maße zu unserer Ernährungssicherheit und in der Tat auch zu unserer Lebensweise bei. Und sie sind wichtige Akteure, wenn es darum geht, die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen sicherzustellen. Sie leben mit der Natur und von der Natur. Auf ihr beruht letztlich ihre Existenzgrundlage und damit auch unsere Existenzgrundlage. Die europäischen Landwirtinnen und Landwirte sind dynamisch. 2022 stieg die Produktivität dank ihrer Anstrengungen um 13 %. Sie steuern auch positiv zu unserem Außenhandel bei. Im vergangenen Jahr stiegen die Agrar- und Lebensmittelexporte um weitere 5 %. Daher ist es meiner Meinung nach nur fair zu sagen, dass sich unsere Landwirtinnen und Landwirte in den jüngsten Krisen als bemerkenswert belastbar erwiesen haben. Doch wir stehen nach wie vor vielen Herausforderungen. Zum Beispiel der angespannten Lage bei den Agrar- und Lebensmittelpreisen oder einem sehr wettbewerbsintensiven Weltmarkt, der zu Verunsicherung führt, und natürlich der Notwendigkeit, wettbewerbsfähig zu bleiben und zugleich hohe Standards und den Umweltschutz einzuhalten – ein sehr komplexes Unterfangen.

Die Landwirtinnen und Landwirte können auf europäische Unterstützung zählen. Aus dem Budget für die gemeinsame Agrarpolitik fließen fast 390 Mrd. EUR, d. h. annähernd ein Drittel des EU-Haushalts, in die Landwirtschaft. Allein im Jahr 2023 stellte die EU Sonderhilfen von über 500 Mio. EUR für die am stärksten krisengeschwächten Landwirtinnen und Landwirte bereit. Wir wissen, dass diese Unterstützung entscheidend ist, und wir wissen, dass die Landwirtinnen und Landwirte sie gut nutzen. Parallel dazu arbeitet die Kommission jetzt eng mit den Mitgliedstaaten zusammen, um die unmittelbaren Herausforderungen anzugehen. In dieser Woche haben wir der Landwirtschaft beispielsweise zusätzliche Flexibilität bei der sogenannten Brachenutzung vorgeschlagen. Und wir haben Schutzmaßnahmen für Geflügel-, Eier- und Zuckerimporte aus der Ukraine vorgeschlagen, damit diese Einfuhren nicht erheblich ansteigen.

Schließlich müssen wir selbstverständlich bei unseren Handelsverhandlungen für die legitimen Interessen der Landwirtinnen und Landwirte eintreten, insbesondere um beim Abschluss von Handelsabkommen gleiche Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf Standards sicherzustellen. Und ich habe ein sehr feines Gehör für die Botschaft, dass den Landwirtinnen und Landwirten der Verwaltungsaufwand zu schaffen macht. Dies ist ein allgemeines Thema, und Sie wissen, wie sehr mir der Bürokratieabbau am Herzen liegt. Wir werden daher mit dem belgischen Ratsvorsitz einen Vorschlag zur Verringerung dieses Verwaltungsaufwands erarbeiten, den wir dann rechtzeitig vor der nächsten Tagung des Rates für Landwirtschaft vorlegen werden.

Last but not least, unser mittel- und langfristiger Vorschlag. Wie Sie wissen, haben wir letzte Woche den Strategischen Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft in der Europäischen Union aufgenommen. Mit anderen Worten, wir haben all die verschiedenen Interessenträger einberufen – natürlich die Vertreter der Landwirtschaft, die Jungbäuerinnen und Jungbauern, aber auch Lebensmittelhersteller, diejenigen, die in Umwelt-NGOs arbeiten, Greenpeace, und andere Interessenträger aus dem gesamten Agrarsektor. Das Ziel ist es, miteinander eine Idee, eine Vision und einen Fahrplan für die Verwirklichung unserer gemeinsamen Ziele zu entwickeln. Es war sehr beruhigend zu erfahren, dass alle hinter dem gemeinsamen Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stehen. Wie wir dorthin kommen, muss jedoch gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten und mit ihrem Wissen entwickelt werden, da sie viele interessante Ideen darüber haben, wie wir in dieser Sache vorankommen können. Der strategische Dialog wird auch mittel- und langfristig Antworten liefern, die in das Programm der nächsten Kommission einfließen und sicherlich Einfluss auf die nächsten Verhandlungen über die GAP haben werden.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
1. Februar 2024
Autor
Vertretung in Luxembourg