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Vertretung in Luxemburg
Presseartikel18. Mai 2022Vertretung in Luxembourg

Schließung der Finanzierungslücke und längerfristiger Wiederaufbau in der Ukraine: Kommission stellt Pläne für Soforthilfe der EU vor

EUvsDisinfo - Ukraine

Die Kommission hat heute in einer Mitteilung Pläne für Soforthilfemaßnahmen der EU zur Schließung der Finanzierungslücke sowie für den längerfristigen Wiederaufbau in der Ukraine dargelegt. Diese Mitteilung geht auf die Aufforderung des Europäischen Rates zurück, die Folgen des Krieges in der Ukraine durch gezielte, von Europa geleitete Bemühungen anzugehen.

Soforthilfe und kurzfristiger Bedarf

Seit Beginn der russischen Invasion hat die EU ihre Unterstützung erheblich verstärkt und rund 4,1 Mrd. EUR in Form von Makrofinanzhilfe, Budgethilfe, Soforthilfe, Krisenreaktion und humanitärer Hilfe für die wirtschaftliche, soziale und finanzielle Krisenfestigkeit der Ukraine mobilisiert. Dazu zählen auch Maßnahmen zur militärischen Unterstützung im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität in Höhe von 1,5 Mrd. EUR für jene Mitgliedstaaten, die die Ukraine durch militärische Sachleistungen unterstützen. Weitere 500 Mio. EUR sind vorgesehen.

Der Krieg hat zu einem Einbruch von Steuer-, Ausfuhr- und sonstigen Einnahmen geführt, die durch eine umfangreiche rechtswidrige Aneignung von Vermögenswerten und Exportgütern, u. a. im Agrarsektor, noch verschärft wurden, während die unumgänglichen Ausgaben rasant gestiegen sind. Dem Internationalen Währungsfonds zufolge dürfte sich die Lücke in der ukrainischen Zahlungsbilanz im Juni auf rund 14,3 Mrd. EUR (15 Mrd. USD) belaufen.

Es sind gemeinsame internationale Anstrengungen notwendig, um die Ukraine bei der Aufrechterhaltung der Grundversorgung, der Deckung des humanitären Bedarfs und der Instandsetzung der wichtigsten zerstörten Infrastrukturen kurzfristig finanziell zu unterstützen. Die EU ist bereit, ihren Teil zu leisten.

Die Kommission beabsichtigt daher, der Ukraine 2022 eine zusätzliche Makrofinanzhilfe in Form von Darlehen von bis zu 9 Mrd. EUR zu gewähren, die durch die Unterstützung anderer bilateraler und multilateraler internationaler Partner, unter anderem der G7, ergänzt werden soll. Die Hilfe würde tranchenweise mit langen Laufzeiten ausgezahlt und dank der Garantie aus dem Unionshaushalt zu Vorzugszinssätzen geleistet. Um dies zu ermöglichen, sollten sich die Mitgliedstaaten auf die Bereitstellung zusätzlicher Garantien einigen. Zusammen mit Finanzhilfen aus dem EU-Haushalt für die Subventionierung der damit verbundenen Zinszahlungen wird dadurch eine gut koordinierte Unterstützung zu sehr günstigen Bedingungen für die Ukraine gewährleistet.

Wiederaufbau der Ukraine

Der Wiederaufbau nach dem Krieg erfordert erhebliche finanzielle Anstrengungen von allen Seiten, um im Einklang mit den europäischen Werten den Grundstein für ein freies, wohlhabendes und in die europäische und globale Wirtschaft integriertes Land zu legen und es auf seinem europäischen Weg zu unterstützen. Nachdem Russlands Aggression anhält, ist noch nicht klar, wie viel Unterstützung die Ukraine für den Wiederaufbau benötigen wird. Dennoch ist es wichtig, die Eckpunkte dieser internationalen Bemühungen bereits jetzt festzulegen. Die Unterstützung muss mittel- bis langfristig erfolgen.

Der Wiederaufbau sollte von den ukrainischen Behörden in enger Partnerschaft mit der Europäischen Union und anderen wichtigen Partnern wie der G7, G20 und anderen Drittländern sowie internationalen Finanzinstitutionen und internationalen Organisationen geleitet werden. Partnerschaften zwischen Städten und Regionen in der EU und in der Ukraine können den Wiederaufbau fördern und beschleunigen.

Als übergeordnetes strategisches Verwaltungsgremium würde die internationale Koordinierungsplattform für den Wiederaufbau der Ukraine eingesetzt, die von der Kommission als Vertreterin der EU und der ukrainischen Regierung betrieben würde. Dieses Gremium wäre für die Billigung eines von der Ukraine erstellten und umzusetzenden Wiederaufbauplans zuständig und erhielte Verwaltungskapazität und technische Hilfe von der EU. Die Plattform würde die unterstützenden Partner und Organisationen zusammenbringen, darunter die EU-Mitgliedstaaten, andere bilaterale und multilaterale Partner sowie internationale Finanzinstitutionen. Das ukrainische Parlament und das Europäische Parlament würden als Beobachter fungieren.

Der von der Plattform gebilligte Wiederaufbauplan „RebuildUkraine“ würde basierend auf einer Bedarfsermittlung der Europäischen Union und anderen Partnern als Grundlage für die Festlegung der zu finanzierenden Prioritätsbereiche und Projekte dienen. Die Koordinierung der Finanzierungsquellen mit den Empfängern würde über die Plattform erfolgen, um eine optimale Nutzung der Mittel zu gewährleisten. Auch die Fortschritte bei der Umsetzung des Plans würden auf diesem Wege überwacht.

Die Kommission schlägt außerdem vor, den Wiederaufbauplan durch die Fazilität „RebuildUkraine“ zu flankieren. Sie wäre das wichtigste Rechtsinstrument für die EU-Hilfe und würde Zuschüsse und Darlehen bereitstellen. Eingebunden in den EU-Haushalt würde sie die Transparenz, Rechenschaftspflicht und korrekte Mittelverwaltung dieser Initiative unter enger Verknüpfung mit Investitionen und Reformen gewährleisten. Dabei lässt sich zwar auf den Erfahrungen mit der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU aufbauen, die neue Fazilität müsste aber an die beispiellosen Herausforderungen angepasst werden, die mit dem Wiederaufbau der Ukraine und deren Begleitung auf ihrem europäischen Weg verbunden sind. Die Fazilität würde über eine spezifische Verwaltungsstruktur verfügen und der Ukraine die volle Eigenverantwortung übertragen.

Besonderes Gewicht wird auf Reformen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung liegen, während Investitionen – die im Einklang mit der Klima-, Umwelt- und Digitalpolitik der EU und den EU-Standards stehen – dazu beitragen, dass die Ukraine stärker und krisenfester aus dem russischen Angriffskrieg hervorgeht.

Durch den Krieg in Europa entsteht ein unvorhergesehener Bedarf, der weit über die im Rahmen des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmen verfügbaren Mittel hinausgeht. Daher werden neue Finanzierungsquellen benötigt.

Die vorgeschlagene Finanzarchitektur ist ausreichend flexibel, um solche neuen Finanzierungsquellen einzubinden. Die zusätzlichen Finanzhilfen, die der Ukraine zur Verfügung gestellt werden sollen, könnten entweder – unter Nutzung der EU-Finanzierungsmechanismen und -Garantien für eine ordnungsgemäße Mittelverwendung – durch zusätzliche Beiträge der Mitgliedstaaten (und nach Wunsch Drittstaaten) zur Fazilität und zu bestehenden Programmen der Union gedeckt werden, oder durch eine gezielte Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens. Aus diesen Quellen könnten auch die Darlehen finanziert werden, die der Ukraine im Rahmen der Fazilität gewährt werden sollen. Angesichts des Umfangs der voraussichtlich erforderlichen Darlehen ist jedoch auch die Beschaffung der für die Darlehen benötigten Mittel im Namen der EU oder mit nationalen Garantien der Mitgliedstaaten eine Option.

Stimmen aus dem Kommissionskollegium:

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte:

Russlands unprovozierte und ungerechtfertigte Invasion der Ukraine verursacht schreckliches Leid und massive Zerstörung im Land. Millionen unschuldiger Ukrainerinnen und Ukrainer müssen aus ihrer Heimat fliehen. Die Ukraine kann auf die uneingeschränkte Hilfe der EU zählen. Die EU wird die Ukraine weiterhin mit kurzfristiger Soforthilfe unterstützen, um ihren direkten Bedarf zu decken und die Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Und wir sind bereit, auf internationaler Ebene Verantwortung beim Wiederaufbau einer demokratischen und wohlhabenden Ukraine zu übernehmen. Das bedeutet, dass Investitionen mit Reformen einhergehen werden, die der Ukraine ihren europäischen Weg ebnen.“

Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis‚ zuständig für das Ressort „Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen“, sagte:

Die Unterstützung der EU für die Ukraine ist unerschütterlich. Wir werden weiterhin alle verfügbaren Mittel nutzen, um unseren Freunden und Nachbarn im Kampf gegen diese unprovozierte und brutale Aggression Russlands zu helfen. Im Vordergrund steht nicht nur die Aufrechterhaltung des täglichen Betriebs im Land, sondern auch der Wiederaufbau danach. Um den dringendsten Bedarf der Ukraine zu decken, wollen wir im Rahmen eines neuen Makrofinanzhilfeprogramms Soforthilfen bereitstellen. Langfristig wird die EU mit Partnern wie der G7 und internationalen Finanzinstitutionen und in enger Abstimmung mit der Ukraine auf internationaler Ebene eine große finanzielle Verantwortung beim Wiederaufbau einer freien und demokratischen Ukraine übernehmen. Wir werden der Ukraine bei jedem Schritt zur Seite stehen – damit sie ihr durch die russische Aggression zerstörtes Land wiederaufbauen und eine bessere Zukunft und neue Chancen für ihre Bevölkerung schaffen kann.“

Der Hohe Vertreter der EU und Vizepräsident für ein stärkeres Europa in der Welt Josep Borrell fügte hinzu:

„Die EU wird angesichts Russlands ungerechtfertigten und illegalen Angriffskriegs auch weiterhin solidarisch mit der Ukraine sein und sie unterstützen. Wir stellen der Ukraine weiterhin militärische Hilfen zur Verfügung.

EU-Kommissar Johannes Hahn, zuständig für Haushalt und Verwaltung, erklärte dazu:

„Die Europäische Union wird der Ukraine und ihrer Bevölkerung weiterhin zur Seite stehen. Wir übernehmen eine Schlüsselrolle bei allen politischen, humanitären, stabilisierenden und wirtschaftlichen Bemühungen, um den kurz- und langfristigen Bedarf zu decken und um die Ukraine bei der Rückkehr zum Frieden und der sozioökonomischen Erholung zu unterstützen. Ich bin davon überzeugt, dass die neue Plattform für den Wiederaufbau der Ukraine, die gemeinsam von der Ukraine und der Kommission betrieben wird, sowie unsere vorgeschlagene Fazilität „RebuildUkraine“ der Ukraine zu einer besseren Zukunft verhelfen können. Dieses Vorhaben erfolgt in enger Abstimmung mit allen Gebern.

Der für Wirtschaft zuständige Kommissar Paolo Gentiloni erklärte:

Russlands Zerstörung in der Ukraine ist seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellos in Europa. Russland untergrabt die internationale Ordnung, die über Jahrzehnte mühevoll aufgebaut wurde. Die Europäische Kommission legt heute einen Plan vor, um die Ukraine beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu unterstützen – ganz nach dem Beispiel unserer Union nach dem Kriegsende 1945. Gemeinsam mit den ukrainischen Behörden und unseren internationalen Partnern ermöglichen wir der Ukraine den Zugang zu den notwendigen Finanzmitteln, um diese Krise zu überwinden – und ihre wirtschaftliche und soziale Infrastruktur wiederaufzubauen und zu stärken.“

EU-Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung Olivér Várhelyi führte aus:

In den letzten Wochen haben wir den schrecklichen Verlust von Menschenleben und die Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur erlebt. Wir haben rasch Hilfe mobilisiert und sind entschlossen, der Ukraine beim Wiederaufbau zu helfen. Der Wiederaufbau sollte den Bedarf der Ukraine in vollem Umfang Rechnung tragen und fest in der Reformagenda des Landes verankert sein.

Hintergrund

Die Entschlossenheit der EU zur Unterstützung der Ukraine ist anhaltend und zeitigt konkrete Ergebnisse. Die EU hat die Ukraine finanziell umfangreich unterstützt: Zwischen 2014 und 2021 umfasste die Finanzhilfe 1,7 Mrd. EUR in Form von Zuschüssen im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftsinstruments, Darlehen in Höhe von 5,6 Mrd. EUR durch fünf Makrofinanzhilfeprogramme, 194 Mio. EUR an humanitärer Hilfe und 355 Mio. EUR über außenpolitische Instrumente. Die EU unterstützt die Ukraine bei der Entwicklung politischer Strategien und umfassender Reformen. Auch die Mitgliedstaaten sind an einem Team-Europa-Konzept stark beteiligt. Zu den Leitprogrammen zählen die Programme zur Dezentralisierung, zur Reform der öffentlichen Verwaltung und zur Korruptionsbekämpfung.

Vor und während des Krieges hat die EU eng mit den europäischen Finanzinstitutionen zusammengearbeitet, um die Ukraine zu unterstützen. Seit 2014 haben die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung mehr als 10 Mrd. EUR an Darlehen an die Ukraine mobilisiert. Die Europäische Investitionsbank hat in den letzten Wochen 668 Mio. EUR an die Ukraine ausgezahlt. Die EU arbeitet auch eng mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds zusammen, die seit 2014 wichtige Partner bei der Unterstützung der Ukraine sind.

Weitere Informationen

Mitteilung: Hilfe für die Ukraine und Wiederaufbau

Informationsblatt

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
18. Mai 2022
Autor
Vertretung in Luxembourg