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Vertretung in Luxemburg
  • Presseartikel
  • 6. Februar 2024
  • Vertretung in Luxembourg
  • Lesedauer: 8 Min

Kommission begrüßt politische Einigung über neue Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Die Kommission begrüßt die heute zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erzielte politische Einigung über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom März 2022. Die Richtlinie ist ein Meilenstein – das erste umfassende Rechtsinstrument auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, die in der Europäischen Union nach wie vor zu häufig auftritt. Damit wird der von Präsidentin von der Leyen in ihren politischen Leitlinien eingegangenen Verpflichtung entsprochen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, zu verhindern, Opfer zu schützen und Straftäter zu bestrafen.

Mit der Richtlinie werden physische Gewalt wie auch psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen, sowohl offline als auch online, EU-weit unter Strafe gestellt. Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen und Zwangsehen werden als eigenständige Straftaten unter Strafe gestellt.  Zudem werden gemäß den neuen Vorschriften die gängigsten Formen von Cybergewalt strafbar sein, so etwa die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern (einschließlich Deep Fakes), Cyberstalking, Cybermobbing, frauenfeindliche Hetze und „Cyberflashing“. Dies wird insbesondere Opfern dieser Formen der Cybergewalt in Mitgliedstaaten helfen, die diese Taten noch nicht unter Strafe gestellt haben. Angesichts der exponentiellen Ausbreitung und der dramatischen Auswirkungen von Gewalt im Internet muss dieses Problem dringend angegangen werden.

Ein Schlüssel zur Bekämpfung von Cybergewalt ist digitale Kompetenz. Aus diesem Grund sieht die neue Richtlinie auch Maßnahmen zur Entwicklung von Kompetenzen vor, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, Cybergewalt zu erkennen und zu bekämpfen, Unterstützung zu suchen und diese Gewalt zu verhindern.

Zwar wurde auf Unionsebene keine Einigung über die Strafbarkeit von Vergewaltigungen auf der Grundlage fehlender Einwilligung erzielt, wie es die Kommission vorgeschlagen hatte, doch enthält die Richtlinie strenge Präventionsanforderungen, um erstens die zentrale Rolle der Einwilligung in sexuelle Beziehungen zu stärken und zweitens gezielte Maßnahmen zur Verhütung von Vergewaltigungen zu ergreifen.

Die neue Richtlinie sieht auch Maßnahmen zur Verhütung aller Arten von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, vor und legt neue Standards für den Schutz und die Unterstützung der Opfer sowie ihren Zugang zur Justiz fest, indem beispielsweise die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, zur Unterstützung der Opfer Beratungsstellen und Krisenzentren für Vergewaltigungsopfer einzurichten.

Wie von der Kommission vorgeschlagen, werden die Mitgliedstaaten durch die Richtlinie verpflichtet zu gewährleisten, dass Straftaten im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sicher, geschlechtssensibel und einfacher angezeigt werden können, und zwar auch online. Damit soll auch dagegen vorgegangen werden, dass Gewalt gegen Frauen nach wie vor in unzureichendem Maß angezeigt wird. Darüber hinaus müssen die Strafverfolgungsbehörden prüfen, ob der Täter dem Opfer weiteren Schaden zufügen könnte, und gegebenenfalls die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen, wie z. B. das Verbot, die Wohnung des Opfers zu betreten. 

Weiterer zentraler Aspekt der neuen Vorschriften ist die Achtung der Privatsphäre der Opfer in Gerichtsverfahren.

Um die Zusammenarbeit besser abzustimmen, werden die Mitgliedstaaten ermutigt, die wichtigsten Daten über Gewalt gegen Frauen zu sammeln und die Koordinierung sowie den Austausch bewährter Verfahren und die Zusammenarbeit in Strafsachen, auch über Eurojust und das Europäische Justizielle Netz, zu fördern.

Hintergrund

Wie in der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025 dargelegt, hat sich die Europäische Kommission zur Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt verpflichtet. Am 1. Oktober 2023 trat die Kommission dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) bei. Die EU ist nun an ehrgeizige und umfassende Normen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, des Asyls und der Nichtzurückweisung sowie in Bezug auf ihre öffentliche Verwaltung gebunden. Dazu gehören auch Finanzierung sowie politische und legislative Maßnahmen. Der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul ist ein Meilenstein in den Bemühungen der EU zur Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter.

Im Herbst 2023 richtete die Kommission ein EU-Netz zur Verhütung von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt ein, dessen erste Präsenzsitzung am 29. und 30. November 2023 in Brüssel stattfand. Das Netz bietet den Mitgliedstaaten und Interessenträgern den Raum, neu auftretende Fragen im Zusammenhang mit der Verhütung von Gewalt zu erörtern sowie Wissen und bewährte Verfahren auszutauschen. Die nächste Sitzung findet im April statt.

 Am 6. Februar hat die Kommission einen Vorschlag zur Aktualisierung der strafrechtlichen Vorschriften über sexuellen Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern angenommen. Mit diesen überarbeiteten Vorschriften werden die Definitionen von Straftatbeständen erweitert und höhere Strafen sowie spezifischere Anforderungen an die Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch und die Unterstützung von Opfern eingeführt. Sie ergänzen den im Mai 2022 angenommenen Vorschlag für eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet. Diese Verordnung nimmt die Anbieter in die Pflicht: Sie müssen Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch in ihren Diensten verhindern, aufdecken, melden und entfernen. Ferner wird ein Europäisches Zentrum zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern als neue EU-Agentur eingerichtet. Parlament und Rat beraten gegenwärtig über den Vorschlag.

Die Kommission hat bereits die meisten Maßnahmen im Rahmen ihrer ersten EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020-2025) durchgeführt, um sicherzustellen, dass alle Opfer in der EU ihre Rechte nach dem Unionsrecht in vollem Umfang wahrnehmen können. Am 12. Juli 2023 nahm die Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Opferschutzrichtlinie von 2012, dem wichtigsten horizontalen Instrument für Opferrechte, an. Mit dem Vorschlag sollen die Rechte aller Opfer von Straftaten in der EU, einschließlich der Rechte der schutzbedürftigsten Opfer, weiter gestärkt werden.

Die Kommission finanziert im Rahmen des Programms Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte Projekte und Organisationen, die geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen. Am 12. Dezember 2023 wurde eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen mit einem Volumen von fast 25 Mio. EUR veröffentlicht. Die Mittel werden für transnationale Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, zur Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt im häuslichen Bereich und in der Partnerschaft und zum Schutz und zur Unterstützung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Systemen zum Schutz von Kindern, eingesetzt.

Die meisten Opfer von Menschenhandel, die in der EU registriert werden, sind Frauen und Mädchen. Die Richtlinie gegen Menschenhandel legt den rechtlichen und politischen Rahmen für Maßnahmen der EU fest. Im April 2021 stellte die Kommission die EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021–2025) vor, in der der Opferschutz in allen Phasen, insbesondere unter Berücksichtigung von Frauen und Kindern als Opfer sowie des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, betont wird. Als eine der zentralen Maßnahmen der EU-Strategie schlug die Kommission im Dezember 2022 eine Überarbeitung der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels vor, über die Parlament und Rat im Januar 2024 eine politische Einigung erzielt haben.

Auf internationaler Ebene bilden der EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie (2020-2024) sowie der Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln 2021–2025 (GAP III) den ehrgeizigen Rahmen der EU für Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Rolle der Frau. Die EU wird als eine der Leitungsinstanzen der Aktionskoalition gegen geschlechtsspezifische Gewalt des Forums „Generation Gleichberechtigung“ ihre Bemühungen zur Eindämmung geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, weltweit fortsetzen, auch in Konflikten und Notsituationen. So zielt beispielsweise die von der EU und den Vereinten Nationen ins Leben gerufene globale Spotlight-Initiative mit einer anfänglichen EU-Investition in Höhe von 500 Mio. EUR darauf ab, alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beseitigen.

Die jährlichen Mittelbindungen der Union für die Prävention und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt stiegen von durchschnittlich 91 Mio. EUR im Jahr 2014 auf 282 Mio. EUR im Jahr 2022.

Weitere Informationen

Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Übereinkommen von Istanbul

Geschlechtsspezifische Gewalt beenden

Mitteilung über eine Strategie zur wirksameren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie

Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung von Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Vorschlag für eine Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer

Neue Vorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels (europa.eu)

Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP) III

Quote(s)

 

Der heutige Vorschlag bringt für alle Frauen in Europa erhebliche Veränderungen mit sich. Er ist ein wichtiger Schritt gegen viele Formen der Gewalt in der realen Welt, bringt aber vor allem tiefgreifende Änderungen für die Online-Welt mit sich, indem bestimmte Formen der Cybergewalt unter Strafe gestellt werden. Es war höchste Zeit, wie die jüngsten Entwicklungen zeigen. Die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern, darunter KI-generierte Bilder, kann zu psychischen Problemen und in Extremfällen sogar zu Selbstmord führen. Durch Cyberstalking und Cybermobbing werden Frauen aus dem öffentlichen Raum gedrängt. Mit dieser Richtlinie soll sichergestellt werden, dass die Urheber eines solchen feigen Verhaltens nicht ungestraft bleiben.

Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz

 

Die heutige Einigung über eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist ein Sieg für die Gleichstellung der Geschlechter in der gesamten Europäischen Union. Mit dieser Richtlinie wird der Schutz über physische Gewalt hinaus auf psychische, wirtschaftliche und sexuelle Gewalt ausgedehnt. Ich gratuliere dem Rat und dem Europäischen Parlament zu dem heutigen Durchbruch. Wir müssen uns jedoch weiterhin dafür einsetzen, dass Vergewaltigung EU-weit als nicht-einvernehmliche Handlung anerkannt wird.

Helena Dalli, Kommissarin für Gleichheitspolitik

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
6. Februar 2024
Autor
Vertretung in Luxembourg