
Die Kommission hat den Mitgliedstaaten heute verschiedene Optionen vorgestellt, mit denen sichergestellt werden soll, dass Russland für seine während des Krieges in der Ukraine begangenen Gräueltaten und Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Die Kommission schlägt vor, eine neue Struktur zu schaffen, die eingefrorene und immobilisierte öffentliche russische Vermögenswerte verwaltet und investiert und die Erträge zugunsten der Ukraine verwendet. Die Kommission unterstützt weiterhin die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs, ist aber auch bereit, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um einen internationalen Ad-hoc-Gerichtshof oder einen „hybriden“ Sondergerichtshof einzurichten, der Russlands Verbrechen der Aggression untersucht und strafrechtlich ahndet.
Rechenschaftspflicht für Völkerrechtsverbrechen
Die Ukraine sowie 14 Mitgliedstaaten haben bereits eigene Ermittlungen wegen von Russland begangener völkerrechtlicher Verbrechen eingeleitet. Sie werden von Eurojust durch gemeinsame Ermittlungsgruppen unterstützt.
Alle EU-Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), und die EU unterstützt den IStGH vollumfänglich bei seinen Ermittlungen zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Russland erkennt jedoch die Zuständigkeit des IStGH nicht an. Dies bedeutet, dass das Verbrechen der Aggression, das von der höchsten politischen und militärischen Führung begangen wird, derzeit nicht vom IStGH verfolgt werden kann.
Aus diesem Grund schlägt die Kommission alternative Optionen vor, mit denen sichergestellt werden könnte, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird:
- die Einrichtung eines unabhängigen internationalen Sondergerichtshofs auf der Grundlage eines multilateralen Vertrags oder
- die Einrichtung eines Sondergerichts, das in ein nationales Justizsystem mit internationalen Richtern integriert ist (hybrides Gericht).
Für beide Optionen wäre eine starke Unterstützung vonseiten der Vereinten Nationen von entscheidender Bedeutung.
Entschädigung
Russland und seine Oligarchen müssen die Ukraine für die verursachten Schäden und Zerstörungen entschädigen.
Die Kommission hat im März 2022 die Taskforce „Freeze and Seize“ eingesetzt, die die Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf EU-Ebene koordinieren soll. Mit ihrer Hilfe haben die EU-Mitgliedstaaten bereits Vermögenswerte russischer Oligarchen in Höhe von 19 Mrd. EUR eingefroren. In der EU und in anderen G7-Ländern sind zurzeit Reserven der russischen Zentralbank in Höhe von rund 300 Mrd. EUR blockiert. Um diese Mittel optimal zu nutzen und bereits jetzt mit dem Wiederaufbau der Ukraine zu beginnen, schlägt die Kommission unter anderem folgende Maßnahmen vor:
- Auf kurze Sicht: Einrichtung einer Struktur, die die eingefrorenen öffentlichen Gelder verwaltet und investiert und die Erträge zugunsten der Ukraine verwendet;
- Auf lange Sicht: Rückzahlung der Vermögenswerte der Zentralbank nach der Aufhebung der Sanktionen. Diese Maßnahmen könnten mit einem Friedensabkommen verknüpft werden, laut dem die Ukraine für den erlittenen Schaden entschädigt wird. Die Vermögenswerte, die zurückgegeben werden müssten, könnten mit diesen Kriegsreparationen verrechnet werden.
Nächste Schritte
Die Kommission wird die Optionen nun den Mitgliedstaaten zur Erörterung und zur Entscheidung über die nächsten Schritte vorlegen.
Hintergrund
Im Oktober 2022 hat der Europäische Rat die Kommission ersucht, Optionen vorzulegen, die im Einklang mit dem EU-Recht und dem Völkerrecht stehen und auf die Verwendung eingefrorener Vermögenswerte zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine ausgerichtet sind. Mit den heute vorgestellten Optionen wird diesem Ersuchen nachgekommen.
Am 25. Mai 2022 hat die Kommission vorgeschlagen, den Verstoß gegen restriktive Maßnahmen zu einem EU-Straftatbestand zu erheben und die geltenden Einziehungs- und Abschöpfungsvorschriften der EU zu überarbeiten und zu verschärfen. Darüber hinaus hat die Kommission eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie dargelegt hat, wie eine künftige Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen aussehen könnte. Wenn die Umgehung von Sanktionen zu einem EU-Straftatbestand erhoben würde, wäre es für die nationalen Behörden einfacher, eingefrorene Vermögenswerte einzuziehen. Am 28. November sind die Mitgliedstaaten übereingekommen, die Liste der EU-Straftatbestände um Verstöße gegen EU-Sanktionen zu erweitern. Die Kommission ist entschlossen, rasch zu handeln und den einschlägigen Richtlinienvorschlag in den kommenden Tagen anzunehmen.
Um die Koordinierung bei der Durchsetzung dieser restriktiven Maßnahmen auf Unionsebene zu verbessern, hat die Kommission im März 2022 die Taskforce „Freeze and Seize“ eingesetzt. Neben der Gewährleistung der Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten soll die Taskforce auch das Zusammenspiel zwischen restriktiven und strafrechtlichen Maßnahmen prüfen. Bislang haben die Mitgliedstaaten eingefrorene Vermögenswerte im Wert von fast 19 Mrd. EUR. gemeldet. Am 11. April hat Europol gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, Eurojust und Frontex die Operation „Oscar“ eingeleitet, mit der finanzielle und strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit Vermögenswerten aus Straftaten unterstützt werden sollen, die sich im Eigentum von Einzelpersonen und juristischen Personen befinden, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden.
Detailer
- Verëffentlechungsdatum
- 30 November 2022
- Auteur
- Representation in Luxembourg