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Vertretung in Luxemburg
Pressemitteilung11. Juni 2024Vertretung in LuxembourgLesedauer: 6 Min

Das EU-Justizbarometer 2024 zeigt, dass sich die Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz verbessert hat

The statuette of Themis, goddess of divine justice

Die Europäische Kommission hat heute die zwölfte Ausgabe des EU-Justizbarometers veröffentlicht, das einen Jahresüberblick mit vergleichbaren Daten über die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten bietet. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die öffentliche Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz verbessert, auch in Ländern, die mit systembedingten Herausforderungen konfrontiert sind.

Das diesjährige Justizbarometer enthält neue Informationen über den Zugang zur Justiz, z. B. über den Zugang zu Justizberufen für Menschen mit Behinderungen, den Zugang zur Justiz für Verbraucher bei Verbandsklagen zum Schutz ihrer Kollektivinteressen, die Gehälter der Fachbediensteten bei Gericht und Staatsanwaltschaft sowie über Notare und ihre Befugnisse in Nachlassverfahren. Die Ausgabe 2024 enthält erstmals auch konkrete neue Zahlen zur Unabhängigkeit der Justiz, z. B. zur Ernennung von Gerichtspräsidenten, zu den nationalen Rahmenbedingungen für Vermögenserklärungen und zur Entlassung von Generalstaatsanwälten.

Die wichtigsten Ergebnisse des EU-Justizbarometers 2024:

  • Die Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz hat sich verbessert, auch in Ländern, die mit systembedingten Herausforderungen konfrontiert sind. Eine Eurobarometer-Umfrage unter der breiten Öffentlichkeit zeigt, dass sich die allgemeine öffentliche Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz seit 2016 in 19 Mitgliedstaaten verbessert hat oder stabil geblieben ist. Eine weitere Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass sich die Wahrnehmung der Unabhängigkeit bei Unternehmen in 19 Mitgliedstaaten im Vergleich zu 2016 verbessert hat oder stabil geblieben ist. Auch in Ländern, die hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz mit systembedingten Herausforderungen konfrontiert sind, hat sich die Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch bei den Unternehmen verbessert.
  • Überblick über die Ernennung von Staatsanwälten und die Entlassung des Generalstaatsanwalts: In 14 Mitgliedstaaten werden die Staatsanwälte entweder von einem unabhängigen Staatsanwaltsrat oder der Staatsanwaltschaft selbst ernannt. Die Befugnis der Exekutive (entweder des Justizministers, der Regierung oder des Staatsoberhaupts), Staatsanwälte zu ernennen, unterliegt in fast allen 12 Mitgliedstaaten, in denen Staatsanwälte auf diese Weise ernannt werden, einer gerichtlichen Überprüfung. In fast allen dieser 12 Mitgliedstaaten ist auch die Angabe von Gründen für die Ablehnung eines Staatsanwaltskandidaten vorgeschrieben. In 20 Mitgliedstaaten ist die Exekutive oder das Parlament befugt, den Generalstaatsanwalt zu entlassen (in fünf Mitgliedstaaten auf Vorschlag des Rates für das Justizwesen); in sechs Mitgliedstaaten wird diese Befugnis dem Rat für das Justizwesen übertragen. In 16 Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit einer Überprüfung der Entscheidung.
  • Weiteres Potenzial zur Förderung der Digitalisierung der Justizsysteme: Nur sechs Mitgliedstaaten verfügen über Verfahrensvorschriften, nach denen Beweismittel in digitaler Form in Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und Strafsachen zulässig sind. In 26 Mitgliedstaaten ist dies in bestimmten Fällen oder Rechtsbereichen möglich. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse der diesjährigen Ausgabe, dass bei der Möglichkeit, online ein Verfahren einzuleiten oder eine Klage einzureichen, noch Verbesserungsbedarf besteht. In neun Mitgliedstaaten besteht diese Möglichkeit entweder nur in einigen Fällen oder gar nicht.
  • Die meisten Mitgliedstaaten verfügen über bestimmte Regelungen zur Förderung der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen als Fachkräfte im Justizsystem: In 20 Mitgliedstaaten gibt es zumindest einige konkrete Regelungen zur Förderung der Teilnahme von Menschen mit Behinderungen.
  • Unterschiedliche besondere Regelungen für kindgerechte Verfahren, an denen Kinder als Opfer oder Verdächtige oder beschuldigte Personen beteiligt sind: In 26 Mitgliedstaaten werden Informationen über die Rechte des Opfers oder des Verdächtigen sowie über das Verfahren kindgerecht bereitgestellt, und in 18 Mitgliedstaaten werden Strafverfahren, an denen Kinder beteiligt sind, vorrangig behandelt.

Nächste Schritte

Die im EU-Justizbarometer enthaltenen Angaben tragen zum Monitoring im Rahmen des Europäischen Semesters und des jährlichen Zyklus der Rechtsstaatlichkeit bei – die Ergebnisse fließen in den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2024 der Kommission ein. Das EU-Justizbarometer 2024 wurde weiterentwickelt, um dem Bedarf nach zusätzlichen Vergleichsinformationen Rechnung zu tragen (wie neuen Angaben über die Gehälter der Fachbediensteten bei Gericht und Staatsanwaltschaft sowie über die Verfahren zur Entlassung von Generalstaatsanwälten), der bei der Erstellung des Berichts über die Rechtsstaatlichkeit 2023 ermittelt wurde. Die Daten des Justizbarometers werden auch für die Überwachung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne verwendet.

Hintergrund

Das im Jahr 2013 erstmals erschienene EU-Justizbarometer ist Teil des Instrumentariums der EU zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit, mit dem die Kommission die Justizreformen in den Mitgliedstaaten begleitet. Das Justizbarometer konzentriert sich auf die drei Hauptbausteine eines leistungsstarken Justizsystems:

  • Effizienz: Indikatoren für Verfahrensdauer und Verfahrensabschlussquote sowie Zahl der anhängigen Verfahren
  • Qualität: Indikatoren für die Zugänglichkeit der Justiz (wie z. B. Prozesskostenhilfe und Gerichtsgebühren), für Schulungen, finanzielle Ausstattung und Gehälter von Richtern und Staatsanwälten, Humanressourcen und Digitalisierung
  • Unabhängigkeit: Indikatoren für die Wahrnehmung der richterlichen Unabhängigkeit in der breiten Öffentlichkeit und in Unternehmen, den Schutz von Richterinnen und Richtern sowie die Garantien in Bezug auf die Arbeit der nationalen Strafverfolgungsbehörden.

Wie in früheren Ausgaben werden in der Ausgabe 2024 Daten aus zwei Eurobarometer-Umfragen vorgestellt, in denen es darum geht, wie die Unabhängigkeit der Justiz in den einzelnen Mitgliedstaaten von der Öffentlichkeit und den Unternehmen wahrgenommen wird. 

Die Ergebnisse des EU-Justizbarometers 2024 sind bei der länderspezifischen Bewertung im Rahmen des Europäischen Semesters 2024, bei der Bewertung der Umsetzung der Resilienz- und Aufbaupläne der Mitgliedstaaten und im jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit berücksichtigt worden. In der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2024, in der die strategischen Leitlinien für die Abmilderung der negativen Auswirkungen der Energieschocks, die Förderung eines nachhaltigen Wachstums und die Stärkung der Resilienz der EU festgelegt sind, wird auf die Verbindung zwischen leistungsfähigen Justizsystemen und einer Wirtschaft im Dienste der Menschen in den Mitgliedstaaten hingewiesen. Gut funktionierende und vollständig unabhängige Justizsysteme wirken sich positiv auf Investitionsentscheidungen und die Bereitwilligkeit aller Akteure zur Einleitung von Investitionsprojekten aus.

Im Rahmen des Programms „Justiz“ 2021-2027 stellt die EU über 305 Mio. EUR für die Weiterentwicklung eines europäischen Rechtsraums bereit. Dies wird auch dazu beitragen, die Wirksamkeit der nationalen Justizsysteme zu verbessern und die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und den Schutz der Grundrechte zu stärken, unter anderem durch die Gewährleistung eines effektiven Zugangs zur Justiz für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen. Mit dem Programm werden die Aus- und Fortbildung von Richtern sowie anderen Angehörigen der Rechtsberufe, gegenseitiges Lernen, die justizielle Zusammenarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen finanziert.

Weitere Informationen

EU-Justizbarometer 2024

Factsheet zum EU-Justizbarometer

Factsheet mit quantitativen Daten zum EU-Justizbarometer 2024

Fragen und Antworten

Eurobarometer-Flash FL540. Perceived independence of the national justice systems in the EU among the general public (Wahrnehmung der Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme in der EU durch die breite Öffentlichkeit)

Eurobarometer-Flash FL451. Perceived independence of the national justice systems in the EU among companies (Wahrnehmung der Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme in der EU durch Unternehmen)

CEPEJ-Studie

Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2024

Factsheet zum Instrumentarium der EU zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit

Website zum EU-Justizbarometer

 

Quote(s)

 

Das jüngste EU-Justizbarometer zeigt, dass unsere Bemühungen zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz in der gesamten EU Früchte tragen. Indem wir Schlüsselbereiche für Verbesserungen aufzeigen und die erzielten Fortschritte würdigen, wollen wir das Vertrauen in unsere Rechtsinstitutionen stärken und dafür sorgen, dass die Justiz unabhängig und für alle zugänglich ist. In den letzten zwölf Jahren hat sich das Barometer als zuverlässiges Instrument zur Bestandsaufnahme unserer Fortschritte und zur Ermittlung von Bereichen mit Verbesserungspotenzial in den Mitgliedstaaten erwiesen und so zu unseren Bemühungen um die weitere Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und die Unterstützung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen beigetragen.

Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
11. Juni 2024
Autor
Vertretung in Luxembourg