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Vertretung in Luxemburg
Presseartikel20. März 2024Vertretung in LuxembourgLesedauer: 7 Min

Kommission trifft Vorbereitungen für Reformen und Überprüfungen von Politikbereichen im Vorfeld der Erweiterung

Die Kommission hat heute eine Mitteilung über Reformen und Überprüfungen von Politikbereichen im Vorfeld der Erweiterung angenommen.

Dieses Dokument ist ein Beitrag zum laufenden Diskussionsprozess über die internen Reformen, die die EU durchführen muss, um sich auf eine erweiterte Union vorzubereiten. Es werden die Auswirkungen einer größeren Union in den vier Hauptbereichen „Werte, Politik, Haushalt und Governance“ geprüft und damit die die Grundlage für die Überprüfungen von Politikfeldern im Vorfeld der Erweiterung geschaffen, die Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2023 angekündigt hat.

Mit der Erweiterung muss gleichzeitig eine Vertiefung der EU einhergehen. Wir müssen uns heute auf die Union von morgen vorbereiten und die Erweiterung als Katalysator für Fortschritte nutzen. Ganz Europa hat von der Erweiterung profitiert. Sie machte die EU zum größten integrierten Markt der Welt. Die Erweiterung erschloss neue Handels- und Finanzströme und trug damit zum Wirtschaftswachstum sowohl in der EU als auch in den Beitrittsländern bei und stärkte das Gewicht der EU im globalen Kontext.

Bereits zuvor waren Reformen notwendig, doch mit der Erweiterung werden sie unverzichtbar.

Vorbereitung auf eine größere Union

Die Erweiterung liegt im eigenen strategischen Interesse der Union. Sie bringt zwar Herausforderungen mit sich, aber die Vorteile eines gut gesteuerten Erweiterungsprozesses erstrecken sich auf unterschiedlichste Bereiche: Geopolitik, Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft und Demokratie. Die EU hat frühere Erweiterungen erfolgreich bewältigt, indem sie die EU-Politik im Vorfeld des Beitritts angepasst, einen rigorosen Beitrittsprozess, gezielte Unterstützung und – wo nötig – Übergänge sichergestellt hat.

Damit diese Vorteile tatsächlich genutzt werden können, müssen sowohl die EU als auch die Beitrittskandidaten gut vorbereitet sein, und der Beitrittsprozess muss weiterhin auf dem Leistungsprinzip beruhen. Dies erfordert uneingeschränktes und nachhaltiges politisches Engagement und Einsatzbereitschaft, vor allem seitens der Erweiterungsländer, aber auch seitens der EU selbst. Indem wir die Lehren aus früheren Erweiterungen ziehen und unsere Politik im Rahmen der 27 weiter verbessern, sind wir besser auf eine größere Union vorbereitet. Vor allem die schrittweise Integration ist zu einem wichtigen Element der Vorbereitung der Erweiterungsländer im Vorfeld des Beitritts geworden.

Werte

Die Aufrechterhaltung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten ist ein Eckpfeiler der EU. Diese Werte stellen die Grundlage eines tiefgreifenden Transformationsprozesses in den Erweiterungsländern dar. Und sie werden auch in Zukunft die Grundlage eines tiefgreifenden Transformationsprozesses in den Erweiterungsländern sein. Die EU stärkt ihre Instrumente, um sicherzustellen, dass die Rechtsstaatlichkeit über den Beitritt hinaus in der gesamten Union konsequent geachtet wird.

Politische Maßnahmen

Eine größere Union wird zwar mit Herausforderungen einhergehen, aber sie wird die Vorteile des Binnenmarkts weiter stärken. Doch damit diese Vorteile von den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen genutzt werden können, muss der Erweiterungsprozess gut vorbereitet sein.  

Im Fokus des heutigen Dokuments:

  • Verbesserung der Konnektivität: Durch eine größere Union wird die physische Konnektivität gestärkt, was niedrigere Logistikkosten und reibungslosere Handelsströmen ermöglicht. Dies wird sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Unternehmen spürbare Vorteile bringen. Ein Großteil dieser Fortschritte wird auch von der Verfügbarkeit ausreichender privater und öffentlicher Investitionen und von der regulatorischen Konvergenz abhängen. Bei den Überprüfungen der politischen Maßnahmen kann beispielsweise untersucht werden, wie politische Initiativen zur Stärkung der Resilienz durch bahnbrechende industrielle Innovationen eine größere Reichweite sowie Unterstützung durch wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse erlangen könnten.
  • Erfüllung unserer Klima- und Umweltverpflichtungen: Eine größere Union kann einen positiven Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und des Verlusts an biologischer Vielfalt leisten. Die Erweiterungsländer verfügen über ein großes Potenzial bei erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Bei der Überprüfung der politischen Maßnahmen müsste untersucht werden, welche neuen Herausforderungen durch die EU-Klima- und grüne Industriepolitik angegangen werden können, ohne dass unsere Ambitionen und die Vorhersehbarkeit beeinträchtigt werden.
  • Verbesserung der Qualität und der Sicherheit von Lebensmitteln: Eine der wichtigsten Herausforderungen der künftigen Erweiterung wird darin bestehen, die Gemeinsame Agrarpolitik der EU besser dazu zu befähigen, ein nachhaltiges und wettbewerbsfähiges Modell der Agrar- und Lebensmittelerzeugung zu unterstützen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Landwirte sowie der Vielfalt der Bewirtschaftungsmodelle Rechnung zu tragen. Im Rahmen der Überprüfungen der politischen Maßnahmen wird untersucht, ob die Kandidatenländer und potenziellen Kandidaten in der Lage sind, die EU-Rechtsvorschriften über Direktbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebe und die gemeinsamen Marktorganisationen für verschiedene Erzeugnisse der Landwirtschaft umzusetzen.
  • Schaffung der Voraussetzungen für soziale, wirtschaftliche und territoriale Konvergenz: Die Mitgliedschaft in der EU bringt spürbare Vorteile für die Wirtschaft mit sich, z. B. durch geringere Transaktionskosten, höhere Investitionen, intraregionalen Handel, Wirtschaftswachstum und Stärkung der sozialen Rechte. Sie ermöglicht auch den Zugang zu größeren und stärker diversifizierten Finanzmärkten, wodurch die Finanzierungskosten gesenkt werden und die Verbraucher ein größeres Angebot zu niedrigeren Preisen erhalten. Um Herausforderungen im Zusammenhang mit der Steuerung der Maßnahmen zur wirtschaftlichen und sozialen Konvergenz innerhalb einer größeren Gruppe von Mitgliedstaaten zu bewältigen, müssen bei den Überprüfungen der politischen Maßnahmen unter anderem Überlegungen angestellt werden, wie Lücken in den Bereichen Gesetzgebung und Durchsetzung geschlossen werden können.
  • Erfüllung starker Sicherheitszusagen, Migration und Grenzmanagement: In einem zunehmend herausfordernden geopolitischen Kontext hätte eine größere Union ein größeres Gewicht im Weltgeschehen und im multilateralen Umfeld – vorausgesetzt sie ist in der Lage, geeint, schnell und entschlossen zu handeln. Für diese Einheit nach Außen und für ihre Handlungsfähigkeit sind eine grundlegende gemeinsame Vision und ein hohes Maß gemeinsamer Analyse und Ansichten unter den Mitgliedstaaten erforderlich. Eine größere Union könnte jedoch zumindest anfangs eine größere Vielfalt an außenpolitischen Interessen und Agenden mit sich bringen. Bei den Überprüfungen der politischen Maßnahmen sollten die Glaubwürdigkeit der Union und ihre Handlungsfähigkeit, die entscheidend von einer effizienten Entscheidungsfindung abhängt, untersucht werden.

Haushalt

Die genauen finanziellen Auswirkungen der Erweiterung werden in erster Linie vom zeitlichen Ablauf und Umfang der Erweiterung sowie dem Ergebnis der Beitrittsverhandlungen abhängen, die nach wie vor leistungsbasiert gestaltet sind. In jedem Fall sollte die Erweiterung bei den Überlegungen zum nächsten langfristigen Haushalt berücksichtigt werden. Bei der Ausarbeitung neuer EU-Ausgabenprogramme sollte die künftige Erweiterung bedacht werden. Parallel dazu muss geprüft werden, wie die Heranführungsinstrumente besser auf den Beitritt und den Übergang zur Beteiligung an EU-Fonds nach dem Beitritt abgestimmt werden können.

Governance

Seit 2022 wurden Überlegungen zu institutionellen Reformen der EU angestellt. Mit der Aussicht auf die Erweiterung ist diese Debatte dringlicher denn je. Die Kommission hat zwar ihre Unterstützung für eine Vertragsänderung zum Ausdruck gebracht, wenn und wo sie erforderlich sein sollte, sie ist jedoch der Ansicht, dass die Governance der EU rasch verbessert werden kann, indem das Potenzial der geltenden Verträge voll ausgeschöpft wird. Dies kann durch sogenannte „Passerelle-Klauseln“ erreicht werden, die den Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit im Rat in Schlüsselbereichen ermöglichen. Außerdem muss die künftige Durchsetzungsarbeit berücksichtigt werden, da dies für die Integrität und Funktionsweise der Europäischen Union und ihres Binnenmarkts unabdingbar ist.

Hintergrund

Eine größere Union birgt ein bedeutendes politisches und wirtschaftliches Potenzial. Um diese Möglichkeiten voll auszuschöpfen, müssen wir Bereiche mit Verbesserungsbedarf ermitteln, definieren und frühzeitig erkennen und eine klare Strategie für parallele Fortschritte in den Bereichen Erweiterung und EU-Reformen festlegen.  

Mit der heutigen Mitteilung werden die eingehenden Überprüfungen von Politikfeldern eingeleitet, die Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2023 angekündigt hat. Die Kommission wird diese Überprüfungen Anfang 2025 vornehmen. Die Überprüfungen können je nach Sektor unterschiedlich ausfallen und werden mit Beiträgen der Interessenträger zu den spezifischen Auswirkungen einer größeren Union auf die einzelnen Politikbereiche unterfüttert. Anhand der Ergebnisse der Überprüfungen könnten dann substanzielle Reformvorschläge in einzelnen Sektoren, einschließlich der Ausarbeitung des Vorschlags der Kommission für den nächsten langfristigen Haushaltsplan, nachfolgen.

Weitere Informationen

https://commission.europa.eu/publications/communication-pre-enlargement-reforms-and-policy-reviews_en

Quote(s)

 

Die Erweiterung ist eine geostrategische Investition, die das politische und wirtschaftliche Gewicht der EU auf der Weltbühne erhöht. Sie festigt die Demokratie auf dem gesamten Kontinent und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts, z. B. durch die Verringerung kritischer externer Abhängigkeiten. Doch um die Chancen dieser geopolitischen Investition in vollem Umfang nutzen zu können, müssen sowohl die EU als auch die künftigen Mitgliedstaaten gut vorbereitet sein. Diese Mitteilung ist der erste Schritt hin zu EU-Reformen, die unverzichtbar sind, um uns auf eine größere Union vorzubereiten, wobei Anfang 2025 eine Reihe eingehender politischer Überprüfungen vorgesehen sind.

Maroš Šefčovič, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal, interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
20. März 2024
Autor
Vertretung in Luxembourg