Im Bericht zur Lage der Energieunion 2023 befasst sich die Europäische Kommission rückblickend mit der Reaktion der EU auf die beispiellose Energiekrise der letzten zwei Jahre, bewertet den aktuellen Stand des grünen Wandels auf nationaler, europäischer und globaler Ebene und erläutert die Herausforderungen und Chancen bei der Verfolgung der ehrgeizigen Klima- und Energieziele Europas für 2030 und 2050.
Aus dem Bericht wird ersichtlich, wie die EU-Mitgliedstaaten durch Beschleunigung der Energiewende, die Diversifizierung der Versorgung und Energieeinsparungen gemeinsam und wirksam auf die Aggression Russlands gegen die Ukraine und die Instrumentalisierung der Energieversorgung als Waffe reagiert haben. Mit dem REPowerEU-Plan und einer Reihe legislativer Sofortmaßnahmen wurde sichergestellt, dass in Europa Unterbrechungen der Energieversorgung vermieden, der Druck auf Energiemärkte, Preise und Verbraucher verringert und die Strukturreform unseres Energiesystems weiterverfolgt wurde. Dazu beigetragen haben die Rechtsvorschriften im Rahmen des europäischen Grünen Deals, die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energie und eine verbesserte Energieeffizienz. Die EU ist zudem auf einem guten Weg, ihre REPowerEU-Ziele zu erreichen. Vor Beginn des Winters 2023–2024 ist die EU dank gut koordinierter Maßnahmen zur Befüllung der Gasspeicher, der Diversifizierung der Energieimportrouten und -infrastruktur, Investitionen in erneuerbare Energie und Energieeffizienz sowie dank der gemeinsamen Anstrengungen zur Senkung der Energienachfrage besser darauf vorbereitet, ihre Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten.
Schlüsselzahlen zur Lage der Energieunion:
- Die Netto-Treibhausgasemissionen der EU gingen 2022 um rund 3 % zurück und waren damit um 32,5 % niedriger als 1990.
- Die EU hat ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland drastisch verringert, und zwar durch: schrittweise Einstellung der Kohleimporte; Verringerung der Ölimporte um 90 %; Verringerung der Gasimporte von 155 Mrd. m³ im Jahr 2021 auf etwa 80 Mrd. m³ im Jahr 2022 und auf schätzungsweise 40-45 Mrd. m³ im Jahr 2023;
- Die EU hat die Gasnachfrage im Vergleich zu den letzten fünf Jahren um mehr als 18 % gesenkt, wodurch rund 53 Mrd. m³ Gas eingespart wurden;
- Vor dem Winter 2022-2023 waren die Gasspeicheranlagen zu 95 % ihrer Kapazität gefüllt, ihr heutiger Füllstand vor dem kommenden Winter beträgt 98 %;
- Die EU-Energieplattform organisierte drei Runden gemeinsamer Gasbeschaffung, wobei Bedarfsmeldungen von insgesamt 44,75 Mrd. m³ gebündelt und mit Lieferangeboten in Höhe von insgesamt 52 Mrd. m³ zusammengeführt wurden;
- 2022 war mit +41 GW und damit 60 % mehr neuen Fotovoltaikkapazitäten als 2021 (+26 GW) ein Rekordjahr. Bei den neuen Onshore- und Offshore-Windenergiekapazitäten war gegenüber 2021 ein Zuwachs von 45 % zu verzeichnen;
- 2022 stammten 39 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen, und im Mai wurde in der EU zum ersten Mal mehr Strom aus Wind- und Solarkraft als mit fossilen Brennstoffen erzeugt;
- Es wurden legislative Zielvorgaben für einen Mindestanteil von 42,5 % erneuerbarer Energien in der EU bis 2030 vereinbart, sowie das Ziel ins Auge gefasst, 45 % zu erreichen. Auch die Energieeffizienzziele wurden angehoben, um den Endenergieverbrauch bis 2030 um 11,7 % zu verringern.
Künftige Herausforderungen und Chancen
Im Bericht wird betont, dass es keinen Grund gibt, die Hände in den Schoß zu legen, auch wenn die schlimmsten Auswirkungen der Energiekrise hinter uns liegen dürften. Die EU muss weiterhin sicherstellen, dass die Haushalte Zugang zu einer erschwinglichen und zuverlässigen Energieversorgung haben, die industrielle und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie stärken und Investitionen in saubere Technologien unterstützen.
Nachdem die Gaspreise im August 2022 mit 294 €/MWh ihren Höchststand erreicht hatten, fielen sie von Januar bis Juni 2023 auf durchschnittlich 44 €/MWh ab. Die Strompreise waren ebenfalls im August 2022 mit 474 €/MWh am höchsten und sanken von Januar bis Juni 2023 auf durchschnittlich 107 €/MWh. Die Kommission widmet den Energiepreisen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Industrie weiterhin besondere Aufmerksamkeit und hat eine Empfehlung zur Energiearmut veröffentlicht sowie eine gemeinsame Erklärung über einen verbesserten Verbraucherschutz unter den wichtigsten Interessenträgern des Energiesektors ermöglicht.
Da inzwischen weitgehend ein starker EU-Rechtsrahmen vorhanden ist, müssen die Mitgliedstaaten ihre gemeinsamen Verpflichtungen umsetzen, und die nationalen Energie- und Klimapläne sind ein wichtiges Instrument für die Planung und Nachverfolgung dieses Prozesses. Der diesjährige Bericht enthält die erste Bewertung der von den Mitgliedstaaten zu ihren nationalen Energie- und Klimaplänen 2019 vorgelegten Fortschrittsberichte und ist von entscheidender Bedeutung, um Bilanz darüber zu ziehen, inwieweit die EU ihre Klima- und Energieziele bereits erreicht hat. Die Kommission wartet noch darauf, dass mehrere Mitgliedstaaten ihre aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne vorlegen, damit bis Ende dieses Jahres gründlich bewertet werden kann, ob wir auf dem richtigen Weg sind, um unsere überarbeiteten Ziele für 2030 zu erreichen, und welche Maßnahmen erforderlich wären, um etwaige Mängel zu beheben.
Bereits jetzt ist zu erkennen, dass wir unsere Maßnahmen erheblich beschleunigen müssen. Der Anteil erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch lag 2021 bei 21,8 %. Um das neue EU-Ziel von 42,5 % für 2030 zu erreichen, wird in den kommenden Jahren ein deutlich schnelleres Wachstum erforderlich sein als der bisherige durchschnittliche jährlichen Anstieg um 0,67 Prozentpunkte seit 2010. Die Treibhausgasemissionen gehen zwar Jahr für Jahr stetig zurück, doch um unsere Ziele für 2030 zu erreichen, müssen sie viel schneller sinken und die jährlichen Reduktionen fast verdreifacht werden.
Im Bericht zur Lage der Energieunion wird hervorgehoben, wie wichtig es ist, die Wettbewerbsfähigkeit und die führende Rolle der Industrie der EU im neuen globalen Energiekontext zu stärken und die Rechtsvorschriften über die Gestaltung des Strommarkts, die Netto-Null-Industrie-Verordnung und insbesondere das Gesetz zu kritischen Rohstoffen fertigzustellen. Diese Vorschläge werden die Rechtsvorschriften des Pakets „Fit für 55“ ergänzen und die Entwicklung sauberer Energiequellen, der Netze und stabiler Märkte in ganz Europa unterstützen. Die kürzlich eingeleiteten Energiewende-Dialoge mit der Industrie werden ein wichtiges Instrument für die Umsetzung von Rechtsvorschriften sowie die Ermittlung und Beseitigung von Engpässen wie Investitionshemmnissen oder Qualifikationsdefiziten sein. Die Kommission wird zudem mit den Mitgliedstaaten gemeinsam darauf hinarbeiten, dass die Subventionen für fossile Brennstoffe, die die Energiewende nach wie vor erheblich behindern und unsere Klimaziele beeinträchtigen, so bald wie möglich schrittweise abgeschafft werden.
Hintergrund
Der jährlich veröffentlichte Bericht zur Lage der Energieunion gliedert sich 2023 in drei Teile. Im ersten Teil wird beschrieben, wie die hohen Klima- und Umweltziele im Rahmen des europäischen Grünen Deals die Grundlage für die Krisenreaktionsstrategie der EU und für eine Strategie für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bildeten. Im zweiten Teil wird der Stand der Umsetzung der Energieunion in all ihren fünf Dimensionen analysiert, wobei die durch die Kommission durchgeführte Bewertung der Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten zu ihren nationalen Energie- und Klimaplänen zugrunde gelegt wird. Im letzten Teil wird auf künftige Herausforderungen für das Energiesystem und die Energiepolitik der EU Bezug genommen.
Dem heute vorgelegten Bericht sind eine Reihe von Berichten und Anhängen beigefügt, in denen verschiedene Aspekte der Energie- und Klimawende behandelt werden, darunter eine Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung der nationalen Energie- und Klimapläne, der Fortschrittsbericht über den Klimaschutz, die Jahresberichte über Wettbewerbsfähigkeit und Energiesubventionen sowie ein Bericht über die Nachhaltigkeit von Bioenergie. Er umfasst auch eine Empfehlung zu Energiearmut sowie eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, die am 23. Oktober veröffentlicht wurden.
Weitere Informationen
Factsheet zur Lage der Energieunion der EU 2023
Bericht zur Lage der Energieunion 2023
Bericht zur Lage der Energieunion 2023 – 28 Länderprofile
Fortschrittsbericht über den Klimaschutz 2023
Technische Bewertung der Fortschrittsberichte zu den nationalen Energie- und Klimaplänen
Bericht über Energiesubventionen
Bericht 2023 über Fortschritte bei der Wettbewerbsfähigkeit
Bericht über die Nachhaltigkeit von Bioenergie
Bericht über die Renovierung des nationalen Gebäudebestands
Bericht über die Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie
Bericht über die Qualität der im Straßenverkehr eingesetzten Otto- und Dieselkraftstoffe
Bericht über die Umsetzung der geologischen Speicherung von Kohlendioxid
Bericht über die Umsetzung der EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel
Bericht über das Funktionieren des CO2-Marktes im Jahr 2022 (Veröffentlichung vorbehaltlich Bestätigung)
Webnachrichten zu Energiearmut (Empfehlung der Kommission und Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu Energiearmut)
Webseite zum Bericht zur Lage der Energieunion (mit vollständigen Dokumenten und Berichten)
Nationale Energie- und Klimapläne
Umsetzung des europäischen Grünen Deals
Zitate
Wir leben in einer Zeit heftiger Turbulenzen, die von hohen Energiepreisen und hoher Inflation angetrieben werden. Unser vordringlichstes Anliegen in diesem Jahr war der Schutz von Haushalten und Unternehmen in der gesamten EU und die Solidarität mit der Ukraine. Im heutigen Bericht wird die Wirksamkeit unserer Maßnahmen zur Diversifizierung unserer Energieversorgung hervorgehoben. Die gemeinsame Gasbeschaffung hat eine wichtige Rolle gespielt und kann ein Vorbild für künftige gemeinsame Anstrengungen beim grünen Wandel sein.
Maroš Šefčovič, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal, interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau - 24/10/2023
Im diesjährigen Bericht zur Lage der Energieunion wird das Engagement und die Entschlossenheit hervorgehoben, die alle Europäerinnen und Europäer im vergangenen Jahr an den Tag gelegt haben, um gemeinsam die Energiekrise zu überwinden. Unser Handeln – sowohl als Einzelpersonen als auch gemeinsam – hat dazu beigetragen, dass Putins Krieg gegen die Ukraine und die Instrumentalisierung von Energie als Waffe nicht noch schlimmere Auswirkungen hatten. Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass der REPowerEU-Plan wirkt. Energiewende, Diversifizierung und Energieeffizienz sind die Mittel, mit denen wir unsere Energieversorgungssicherheit verbessern und die Ziele des Grünen Deals verwirklichen.
Kadri Simson, Kommissarin für Energie - 24/10/2023
Die letzten Jahre waren für Europa eine unglaubliche Herausforderung, aber wir sind nach wie vor fest davon überzeugt, dass der europäische Grüne Deal die Antwort auf die sich uns stellenden Herausforderungen sowohl im Bereich der Sicherheit als auch in Bezug auf das Klima ist. Auf der COP 28 wird Europa überzeugen können. Wir haben Fortschritte bei der Verringerung der Emissionen, bei der Nutzung erneuerbarer Energien und bei Investitionen in saubere Mobilität erzielt. Und all dies haben wir erreicht, während gleichzeitig unsere Wirtschaft gewachsen ist und wir in saubere Zukunftstechnologien investiert haben. Wir werden auch künftig darauf hinarbeiten, dass Subventionen für fossile Brennstoffe, die nicht zur Bekämpfung der Energiearmut oder zu einem gerechten Übergang beitragen, so bald wie möglich auslaufen.
Wopke Hoekstra, Commissioner for Climate Action - 24/10/2023
Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung
- 24. Oktober 2023
- Autor
- Vertretung in Luxembourg