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Vertretung in Luxemburg
  • Presseartikel
  • 14. Juli 2022
  • Vertretung in Luxembourg
  • Lesedauer: 4 Min

Wirtschaftsprognose Sommer 2022: Russlands Krieg trübt konjunkturelle Aussichten ein

Drapeaux européens

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich weiter negativ auf die EU-Wirtschaft aus, beeinträchtigt das Wachstum und führt zu höherer Inflation als in der Frühjahrsprognose erwartet. In der Wirtschafts(zwischen)prognose Sommer 2022 wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft in der EU 2022 um 2,7 % und 2023 um 1,5 % wachsen wird. Für das Euro-Währungsgebiet steht ein Wachstum von 2,6 % im Jahr 2022 zu erwarten, das im Jahr 2023 auf 1,4 % zurückgehen dürfte. Den Projektionen zufolge wird die jährliche durchschnittliche Inflationsrate im Jahr 2022 auf einen historischen Höchststand von 7,6 % im Euro-Währungsgebiet und 8,3 % in der EU klettern, bevor sie 2023 auf 4,0 % bzw. 4,6 % sinkt.

 

Durch den Krieg ausgelöste Schocks belasten das Wachstum

Viele der Abwärtsrisiken, mit denen die Frühjahrsprognose 2022 behaftet war, sind eingetreten. Russlands Invasion in die Ukraine hat zusätzlichen Aufwärtsdruck auf die Energie- und Nahrungsmittelpreise verursacht. Infolgedessen baut sich global weiterer Inflationsdruck auf, die Kaufkraft der privaten Haushalte wird geschmälert, und die geldpolitische Reaktion erfolgt schneller als erwartet. Die anhaltende Wachstumsverlangsamung in den USA verstärkt die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der von China verfolgten strikten Null-COVID-Politik.  

Aufgrund ihrer großen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland ist die EU-Wirtschaft nach wie vor besonders anfällig für Entwicklungen an den Energiemärkten, und durch das weltweit schwächelnde Wachstum wird die Auslandsnachfrage in Mitleidenschaft gezogen. Die Jahreswachstumsrate für 2022 dürfte durch den Konjunkturaufschwung des vergangenen Jahres und ein etwas besser als erwartet ausgefallenes erstes Quartal gestützt werden. Wenngleich sich die Sommersaison für den Tourismus vielversprechend anlässt, steht zu erwarten, dass die Konjunktur sich im restlichen Jahresverlauf verhalten entwickeln wird. Im Jahr 2023 dürfte das vierteljährliche Wirtschaftswachstum – getragen von einem resilienten Arbeitsmarkt, einer eingedämmten Inflation, der Unterstützung aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und den nach wie vor hohen überschüssigen Ersparnissen – an Dynamik gewinnen.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die EU-Wirtschaft weiter expandieren wird, allerdings deutlich langsamer als in der Frühjahrsprognose 2022 erwartet.

 

Die jüngste makroökonomische Prognose für Luxemburg.

Nach einer starken Rate von 6,9 % im Jahr 2021 dürfte sich das reale BIP-Wachstum Luxemburgs trotz eines robusten ersten Quartals (1,2 % gegenüber dem Vorquartal) auf 2,6 % im Jahr 2022 verlangsamen, was in erster Linie auf den privaten Verbrauch und die Nettoexporte zurückzuführen ist. Obwohl sich die Stimmung der Verbraucher abgeschwächt hat und die hohe Inflation anhalten wird, wird erwartet, dass der private Verbrauch widerstandsfähig bleibt und im Prognosezeitraum wächst, gestützt durch einen nach wie vor dynamischen Arbeitsmarkt, Ersparnisse, die während der Pandemie angesammelt wurden, und finanzpolitische Stützungsprogramme für Haushalte und Unternehmen, die vor dem Hintergrund hoher Energiepreise eingeführt wurden. Das unsichere außenwirtschaftliche Umfeld und die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen dürften das Investitionswachstum belasten. Insbesondere die Investitionen in Ausrüstung und Bau werden sich voraussichtlich verlangsamen. Der Beitrag des Finanzsektors zum Wachstum wird den Projektionen zufolge 2022 zurückgehen, was vor allem auf eine Verschlechterung der Lage an den Aktienmärkten zurückzuführen ist.

Stimmen aus dem Kommissionskollegium:

Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, erklärte:

„Russlands Krieg gegen die Ukraine wirft weiter lange Schatten auf Europa und unsere Wirtschaft. Wir stehen an mehreren Fronten vor Herausforderungen – von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen bis hin zu äußerst unsicheren globalen Aussichten. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir aus einer Position der Stärke heraus handeln und nach der vorangegangenen Krise wieder solides Wachstum erreicht haben. Das Wirtschaftswachstum wird sich in der zweiten Jahreshälfte deutlich verlangsamen, 2023 aber an Dynamik gewinnen. Angesichts der hohen Inflation und der verschärften Finanzierungsbedingungen wird es wichtig sein, das richtige Gleichgewicht zwischen dem Übergang zu einem umsichtigeren finanzpolitischen Kurs und dem Schutz der Schwächsten zu finden. Wir sollten außerdem unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland verringern.“

Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni fügte hinzu:

„Die unprovozierte Invasion Russlands in die Ukraine sendet weiter Schockwellen durch die Weltwirtschaft. Moskaus Maßnahmen stören die Energie- und Getreideversorgung, treiben die Preise nach oben und schwächen das Vertrauen. In Europa dürfte die Wiederbelebung unserer Volkswirtschaften 2022 das jährliche Wachstum stützen, doch für 2023 haben wir unsere Prognose deutlich nach unten korrigiert. Es wird nun erwartet, dass die Rekordinflation im weiteren Verlauf dieses Jahres ihren Höchststand erreicht und 2023 allmählich sinken wird. Angesichts des Kriegsverlaufs und der ungewissen Zuverlässigkeit der Gaslieferungen ist diese Prognose mit hoher Unsicherheit und Abwärtsrisiken behaftet. Um in diesem schwierigen Fahrwasser Kurs zu halten, muss Europa eine Führungsrolle übernehmen, mit drei Worten, die unsere Politik definieren: Solidarität, Nachhaltigkeit und Sicherheit.“

Hintergrund

Mit der Sommerprognose 2022 wird die Frühjahrsprognose 2022 vom Mai 2022 zur BIP- und Inflationsentwicklung in allen EU-Mitgliedstaaten auf den neuesten Stand gebracht.

Die Prognose basiert auf einer Reihe technischer Annahmen in Bezug auf Wechselkurse, Zinssätze und Rohstoffpreise mit Stichtag 30. Juni. Bei allen anderen herangezogenen Daten, auch den Annahmen zu staatlichen Maßnahmen, wurden Informationen bis einschließlich 5. Juli berücksichtigt.

Die Europäische Kommission veröffentlicht jedes Jahr zwei umfassende Prognosen (im Frühjahr und im Herbst) und zwei Zwischenprognosen (im Winter und im Sommer). Die Zwischenprognosen enthalten jährliche und vierteljährliche BIP- und Inflationszahlen für das laufende und das folgende Jahr für alle Mitgliedstaaten sowie die aggregierten Zahlen für die EU insgesamt und für das Euro-Währungsgebiet.

Als nächste Prognose wird die Europäische Kommission voraussichtlich im November 2022 ihre Herbstprognose 2022 vorlegen.

Weitere Informationen

Die vollständige Pressemitteilung ist hier abrufbar

Vollständiges Dokument: Wirtschafts(zwischen)prognose Sommer 2022

Wirtschaftsprognose für Luxemburg (EN)

 

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
14. Juli 2022
Autor
Vertretung in Luxembourg