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Vertretung in Luxemburg
Presseartikel14. März 2024Vertretung in LuxembourgLesedauer: 5 Min

Kommission leitet förmliches Verfahren gegen AliExpress im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste ein

Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob AliExpress in Bereichen wie Risikomanagement und Risikominderung, Moderation von Inhalten und internes Beschwerdemanagementsystem, Transparenz der Werbung und Empfehlungssysteme, Rückverfolgbarkeit von Unternehmern und Datenzugang für Forschende möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

Auf der Grundlage der bisher durchgeführten vorläufigen Untersuchung, einschließlich einer Analyse des von AliExpress im August 2023 übermittelten Risikobewertungsberichts, der in seinem Transparenzbericht veröffentlichten Informationen und seiner Antworten auf die förmlichen Auskunftsverlangen der Kommission (vom 6. November 2023 und vom 18. Januar 2024) hat die Kommission beschlossen, ein förmliches Verfahren gegen AliExpress im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste einzuleiten.

Darin wird es vor allem um Folgendes gehen:

  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten zur Bewertung und Minderung der systemischen Risiken der Verbreitung illegaler Inhalte und die tatsächlichen oder vorhersehbaren nachteiligen Auswirkungen auf den Verbraucherschutz, insbesondere im Hinblick auf
    • die mangelnde Durchsetzung der Nutzungsbedingungen von AliExpress, die zwar den Verkauf bestimmter Produkte verbieten, von denen Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher (z. B. gefälschte Arznei-, Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel) und besonders auch für Minderjährige (Zugang zu pornografischem Material) ausgehen, die aber dennoch auf der Plattform zu finden sind;
    • das Fehlen wirksamer Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung illegaler Inhalte;
    • das Fehlen wirksamer Maßnahmen zur Verhinderung der absichtlichen Manipulation der Online-Plattform mithilfe sog. „verborgener Links“; 
    • das Fehlen wirksamer Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken im Zusammenhang mit Influencern, die im Rahmen des AliExpress-Partnerprogramms Werbung für illegale oder schädliche Produkte machen;
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, dafür so sorgen, dass alle Nutzer, auch wenn sie nicht registriert sind, illegale Inhalte melden können und dafür eine Empfangsbestätigung erhalten;
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, ein wirksames internes Beschwerdemanagementsystem einzurichten;
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, gemäß der Vorschrift über die Rückverfolgbarkeit der Unternehmen die Verlässlichkeit und Vollständigkeit der Informationen zu erfassen und zu prüfen, die von den über AliExpress tätigen Unternehmen verlangt werden, auch in Bezug auf die am AliExpress-Partnerprogramm teilnehmenden Unternehmen;  
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, die hauptsächlichen Parameter des Empfehlungssystems von AliExpress transparent zu machen und darin zumindest eine Option anzubieten, die nicht auf Nutzerprofilen beruht;
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, ein durchsuchbares und verlässliches Archiv der über AliExpress verbreiteten Werbung bereitzustellen;  
  • die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht, Forschenden Zugang zu den öffentlich zugänglichen Daten von AliExpress gemäß Artikel 40 des Gesetzes über digitale Dienste zu gewähren.

Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, würden die beanstandeten Mängel Verstöße gegen die Artikel 16, 20, 26, 27, 30, 34, 35, 38, 39 und 40 des Gesetzes über digitale Dienste darstellen. Die Kommission wird nun vorrangig eine eingehende Prüfung durchführen. Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift dem Ausgang der Untersuchung in keiner Weise vor.

Nächste Schritte

Nach der förmlichen Einleitung des Verfahrens wird die Kommission weiter Beweise sammeln und kann sich dabei beispielsweise auf zusätzliche Auskunftsersuchen, Befragungen oder Inspektionen stützen.

Infolge der Einleitung eines förmlichen Verfahrens hat die Kommission nun die Möglichkeit, weitere Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen z. B. einstweilige Maßnahmen zur Beendigung bzw. Beseitigung eines Verstoßes gegen Artikel 28 Absatz 1 und Nichteinhaltungsbeschlüsse. Außerdem ist die Kommission befugt, von AliExpress zugesagte Abhilfemaßnahmen zu den Streitgegenständen des Verfahrens anzunehmen.

Im Gesetz über digitale Dienste ist keine gesetzliche Frist für den Abschluss solcher förmlichen Verfahren festgelegt. Ihre Dauer hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, der Bereitschaft des betroffenen Unternehmens zur Zusammenarbeit mit der Kommission sowie der Ausübung der Verteidigungsrechte.

Durch die Einleitung eines förmlichen Verfahrens werden die Koordinatoren für digitale Dienste von ihren Befugnissen zur Überwachung und Durchsetzung des Gesetzes über digitale Dienste in Bezug auf mutmaßliche Verstöße gegen die Artikel 16, 20, 26, 27 und 30 entbunden.

Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift in keiner Weise dem Ergebnis der Untersuchung vor und lässt auch andere Verfahren unberührt, die die Kommission nach anderen Artikeln des Gesetzes über digitale Dienste einleiten kann. Dies gilt auch unbeschadet der Durchsetzungsmaßnahmen, die von anderen Behörden innerhalb anderer Rechtsrahmen, z. B. des Netzwerks für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz, ergriffen werden.

Hintergrund

AliExpress wurde am 25. April 2023 im Rahmen des EU-Gesetzes über digitale Dienste als sehr große Online-Plattform (VLOP) benannt, nachdem das Unternehmen gemeldet hatte, dass es 104,3 Mio. aktive monatliche Nutzerinnen und Nutzer in der EU hat. Als sehr große Online-Plattform musste AliExpress schon vier Monate nach seiner Benennung damit beginnen, eine Reihe gesetzlicher Pflichten zu erfüllen.

Das Gesetz über digitale Dienste gilt seit dem 17. Februar für alle Online-Vermittler in der EU.

Weitere Informationen

Im Amtsblatt der EU veröffentlichter Text des Gesetzes über digitale Dienste 

Sehr große Online-Plattformen und -Suchmaschinen im Gesetz über digitale Dienste 

Durchsetzungsrahmen nach dem Gesetz über digitale Dienste

Gesetz über digitale Dienste – Fragen und Antworten

Quote(s)

 

Der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere der Kinder und Jugendlichen, ist eine zentrale Säule des Gesetzes über digitale Dienste. AliExpress muss seinen Pflichten nachkommen, die systemischen Risiken auf seiner Plattform zu mindern, und muss alle Schutzvorkehrungen treffen, damit seine Dienste sicher sind. Die Kommission wird nun prüfen, welche Maßnahmen getroffen wurden und ob sie unseren Vorschriften entsprechen.

Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin, zuständig für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“

 

Im Gesetz über digitale Dienste geht es nicht nur um Hetze, Desinformation und Cybermobbing. Es soll auch verhindern, dass illegale und gefährliche Produkte über Online-Handelsplattformen in der EU verkauft werden. Solche Geschäfte lassen wir im EU-Binnenmarkt nicht zu. Als Plattform, die mehr als 100 Mio. Nutzerinnen und Nutzer in der EU erreicht, muss AliExpress das Gesetz über digitale Dienste vollständig einhalten und verhältnismäßige Maßnahmen treffen, um gegen die Verbreitung von Waren vorzugehen, von denen Gefahren für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher und für Kinder und Jugendliche ausgehen, auch im Zusammenhang mit Influencern, die sich im Rahmen seines Partnerprogramms betätigen. Mit dem Verfahren, das wir heute einleiten, werden wir prüfen, ob dies der Fall ist, und dafür sorgen, dass alles getan wird, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Kommissar Thierry Breton, zuständig für den Binnenmarkt

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
14. März 2024
Autor
Vertretung in Luxembourg