Zum Hauptinhalt
Vertretung in Luxemburg
Erklärung9. Februar 2023Vertretung in LuxembourgLesedauer: 5 Min

Erklärung anlässlich der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 9. Februar 2023

Participation of Ursula von der Leyen, President of the European Commission, in the Brussels special European Council

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Wolodymyr,

vielen Dank, dass Sie ins Herz der Europäischen Union gekommen sind. Vielen Dank für die starke Botschaft, die wir von Ihnen gehört haben. Ihr Kampf ist ein Kampf für Unabhängigkeit, Demokratie und ein freies Europa. Ich habe nicht nur Ihre starke und bedeutende Botschaft im Europäischen Parlament, sondern auch hier im Europäischen Rat gehört. Und ich habe die Dringlichkeit Ihrer Worte wahrgenommen. Wir alle haben Ihren dringlichen Aufruf, die Ukraine jetzt zu unterstützen, vernommen. Ihre Worte waren sehr bewegend, Sie haben die europäische Lebensweise gelobt. Und Sie haben auch berichtet, dass die Ukrainer zu dieser europäischen Lebensweise zurückkehren wollen. Wie Sie heute sehen, sind wir eine Familie, wir haben eine Vision. In einer Familie hilft man sich gegenseitig. Sie können auf uns zählen. Wir werden Sie weiterhin uneingeschränkt unterstützen. Heute, um dem ukrainischen Volk in diesem furchtbaren Krieg zu helfen, wie auch in Zukunft. Ukrainerinnen und Ukrainer geben ihr Leben für eine freie und unabhängige Ukraine. Sie kämpfen für die Achtung unserer gemeinsamen Werte.

Wir wissen, dass wir die Opfer, die Ukrainerinnen und Ukrainer tagtäglich bringen, niemals aufwiegen können. Aber wir können uns für die Ukraine einsetzen. Eine Zahl, die dies zum Ausdruck bringt, ist 67 Mrd. EUR. 67 Mrd. EUR, die wir in den letzten 12 Monaten für Unterstützung mobilisiert haben: für Budgethilfe und rasche Wiederaufbaumaßnahmen, für Energieversorgung und militärische Fähigkeiten, für humanitäre Hilfe und Flüchtlingshilfe. Aber wir müssen noch mehr tun. Diese Dringlichkeit wird es wohl sein, was wir von Ihren heutigen Worten mitnehmen werden. Wir müssen mehr tun.

Wir unterstützen die Ukraine dabei, diesen Krieg zu gewinnen, und wir sorgen dafür, dass der künftige Frieden für die Ukraine ein Gewinn ist. Es muss ein gerechter Frieden sein. Wir unterstützen Ihre Friedensformel voll und ganz, lieber Wolodymyr. Die Europäische Union arbeitet mit ihren Partnern zusammen, um die Ukraine und die zehn Punkte Ihres Friedensplans zu unterstützen, von wirtschaftlicher Sicherheit bis hin zu Fragen wie nukleare Sicherheit, Ernährungssicherheit und Energie. Wir werden uns massiv für eine möglichst breite internationale Unterstützung dafür einsetzen. Ein gerechter Frieden bedeutet auch Rechenschaftspflicht.

Damit komme ich zu meiner zweiten Überlegung: Russland muss für die angerichtete Zerstörung und das Blutvergießen bezahlen. In den nächsten Tagen werden wir das zehnte Sanktionspaket vorschlagen. Erstens werden wir Sanktionen gegen eine Reihe politischer und militärischer Führer verhängen. Aber, lieber Wolodymyr, wir haben Ihnen auch sehr aufmerksam zugehört, als wir letzte Woche in Kiew waren. Wir werden Putins Propagandisten ins Visier nehmen. Denn deren Lügen vergiften den öffentlichen Raum in Russland und im Ausland. Das haben Sie sehr deutlich gemacht. Wir haben Ihre Botschaft verstanden. Wir werden entsprechend handeln und dem nachgehen.

Zweitens werden mit dem Paket zusätzliche Ausfuhrverbote in Höhe von über 10 Mrd. EUR verhängt. Dies wird die russische Militärmaschinerie weiter aushungern und die russische Wirtschaft in ihren Grundfesten erschüttern. Und auch die internationale Gemeinschaft setzt sich intensiv dafür ein, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Dafür sind drei Schritte wichtig. Erstens müssen wir Beweise für die begangenen Straftaten sammeln und aufbewahren. Wir haben damit bereits begonnen. Zweitens müssen Staatsanwaltschaften zusammenarbeiten. Zu diesem Zweck richten wir ein Zentrum in Den Haag ein. Als Nächstes brauchen wir ein Gericht. Die Beratungen über die genaue Struktur sind im Gange. Aber ich versichere Ihnen, Wolodymyr, dass wir den politischen Willen haben, den Täter zur Rechenschaft zu ziehen, auch für das Verbrechen der Aggression. Der politische Wille ist da, deshalb werden wir auch einen Weg finden.

Schließlich zu unserer gemeinsamen Zukunft: Die Jugend der Ukraine kämpft für die Souveränität ihres Landes. Zu viele bezahlen dafür mit ihrem Leben. Aber ihre Träume bleiben. Träume von einer neuen Ukraine, die nicht nur frei, demokratisch und europäisch, sondern auch fair und umweltfreundlich ist und floriert. Wir legen bereits das Fundament. Wir haben die Plattform für den Wiederaufbau geschaffen, die nun ihre Arbeit aufnimmt. Unsere Partner haben damit begonnen, Experten nach Brüssel und Kiew in das Sekretariat zu entsenden. Unser Aufruf ist auf fantastischen Widerhall gestoßen. Auch unsere Städte schließen sich an. 36 europäische Städte von Vilnius bis Venedig werden mit 10 Städten in der Ukraine wie Charkiw und Kiew zusammenarbeiten. Dies ist der lebendige Beweis für die enorme Unterstützung der Ukraine in der gesamten Europäischen Union. Und wie Sie sagten, jeder und jede Einzelne zählt. Im Europäischen Parlament haben Sie das sehr eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht. Das war an uns gerichtet, die Politiker, ja, aber zur Unterstützung der Ukraine kommt es auf jede Person in der Europäischen Union an.

Die Ukraine macht auf ihrem europäischen Weg beeindruckende Fortschritte. Der Beitrittsprozess richtet sich nach den Leistungen. Und wie man sieht, ist die Ukraine in der Lage, schnelle und exzellente Ergebnisse zu liefern – und das, obwohl sie gegen einen Aggressor kämpft und sich im Krieg befindet. Ich höre Menschen aus der Ukraine so oft über ihre Hoffnungen sprechen. Sie wollen, dass ihre Kinder in der Europäischen Union aufwachsen. Und diese Hoffnung verleiht ihnen die Kraft, mit diesem schrecklichen Krieg fertigzuwerden.

Lieber Wolodymyr,

der Weg, der zwischen dem heutigen Tag und dieser leuchtenden Zukunft liegt, könnte hart sein. Aber seien Sie versichert, dass wir Sie bei jedem Schritt auf diesem Weg begleiten werden. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass die ukrainischen Träume Wirklichkeit werden und die europäische Lebensweise bei Ihnen ankommt. Seit Beginn meiner Amtszeit habe ich jede Rede mit den Worten „Es lebe Europa“ abgeschlossen. Seit einem Jahr sagen wir nicht nur „Es lebe Europa“, sondern aus gutem Grund auch immer „Slava Ukraini“.

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
9. Februar 2023
Autor
Vertretung in Luxembourg