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Vertretung in Luxemburg
Presseartikel19. Juli 2022Vertretung in LuxembourgLesedauer: 6 Min

Verteidigungsindustrie: EU stärkt die europäische Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung mit einem Instrument in Höhe von 500 Mio. EUR

Fire Blade 2022 - European Defence Agency helicopter exercise in Hungary

Die Kommission hat heute einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Instruments zur Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustrie durch Gemeinsame Beschaffung (EDIRPA) für den Zeitraum 2022-2024 angenommen. Wie in der Gemeinsamen Mitteilung vom Mai über die Analyse der Defizite bei den Verteidigungsinvestitionen angekündigt, kommt die Kommission ihrer Zusage nach, ein kurzfristiges EU-Instrument zur Stärkung der Kapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung seitens der EU-Mitgliedstaaten zu schaffen. Das Instrument, mit dem auf das Ersuchen des Europäischen Rates reagiert wird, soll den dringendsten kritischen Bedarf an Verteidigungsgütern decken, der sich aus der Aggression Russlands gegen die Ukraine ergibt. Die Kommission schlägt vor, von 2022 bis 2024 500 Mio. EUR aus dem EU-Haushalt zu binden. Das Instrument wird den Mitgliedstaaten einen Anreiz bieten, im Geiste der Solidarität gemeinsam Aufträge zu vergeben, und allen Mitgliedstaaten den Zugang zu dringend benötigten Verteidigungsgütern erleichtern.

Es wird Konkurrenz zwischen den Mitgliedstaaten um dieselben Produkte verhindern und Kosteneinsparungen erleichtern. Durch das Instrument wird die Interoperabilität erhöht. Ferner kann die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) auf diese Weise ihre Produktionskapazitäten besser anpassen und ausbauen, um die benötigten Produkte zu liefern. Mit dem Instrument werden Maßnahmen von Konsortien unterstützt, die aus mindestens drei Mitgliedstaaten bestehen. Förderfähige Maßnahmen können neue Projekte zur Beschaffung von Verteidigungsgütern oder die Ausweitung von Projekten umfassen, die seit Beginn des Krieges eingeleitet wurden.

Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte dazu: “Mit der Übergabe dringend benötigter Verteidigungsgüter an die Ukraine haben die Mitgliedstaaten mutige Schritte unternommen. Im selben Geiste der Solidarität wird die EU ihnen dabei helfen, diese Bestände aufzufüllen, indem sie Anreize für die gemeinsame Beschaffung einführt und es der europäischen Verteidigungsindustrie ermöglicht, diesen dringenden Bedarf besser zu decken. Der Vorschlag für die EDIRPA-Verordnung ist ein historischer Meilenstein bei der Verwirklichung der Europäischen Verteidigungsunion, welche die Sicherheit der EU-Bürgerinnen und Bürger erhöhen und die EU zu einem stärkeren Partner für unsere Verbündeten machen wird.“ 

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton ergänzte: „Heute machen wir einen historischen Schritt in Richtung der europäischen Verteidigungsintegration. Nun, da an Europas Grenzen der Krieg wütet, antworten wir auf den Aufruf der Staats- und Regierungschefs der EU und stellen heute ein neues Instrument vor, das den gemeinsamen Erwerb von Waffen auf europäischer Ebene unterstützen soll. Neben der Wiederauffüllung eines Teils der Bestände nach der Verbringung von Waffen in die Ukraine schaffen wir über den EU-Haushalt einen Anreiz für die Mitgliedstaaten, gemeinsame Käufe zu tätigen. Europas Verteidigung macht große Fortschritte.“

Ziele des Instruments

Insbesondere wird das Instrument

  • die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern fördern. Dies trägt dazu bei, dass öffentliche Ausgaben im Geiste der Solidarität vorgenommen werden und auf Interoperabilität sowie Effizienz geachtet wird. Das Instrument beugt dem Phänomen der Verdrängung vor (Mitgliedstaaten können ihren Bedarf an Verteidigungsgütern aufgrund einer Nachfragespitze nicht decken). Darüber hinaus wird dadurch Fragmentierung vermieden;  
  • die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung steigern, und zwar insbesondere durch eine raschere Anpassung der Industrie an strukturelle Veränderungen. Dazu gehört auch der Ausbau der Produktionskapazitäten, der sich aus der neuen Sicherheitslage infolge der Aggression Russlands in der Ukraine ergibt.    

Maßnahmen, die für eine Unterstützung infrage kommen

Mit dem Instrument werden Maßnahmen unterstützt, die folgende Bedingungen erfüllen:

  • Konsortium aus mindestens drei Mitgliedstaaten;
  • Ausweitung einer bestehenden Zusammenarbeit oder eine neue Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Beschaffung der am dringendsten benötigten, kritischen Verteidigungsgüter;
  • Vergabeverfahren, in denen sich die Beteiligung der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung (EDTIB) niederschlägt.

Das Instrument wird der Arbeit der von der Kommission eingesetzten Task Force für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich und des Hohen Vertreters/Leiters der Europäischen Verteidigungsagentur Rechnung tragen. Die Taskforce erleichtert die Koordinierung des sehr kurzfristigen Beschaffungsbedarfs der Mitgliedstaaten und arbeitet mit den Mitgliedstaaten und den Herstellern von Verteidigungsgütern in der EU zusammen, um die gemeinsame Beschaffung zur Wiederauffüllung der Bestände zu unterstützen. 

Nächste Schritte

Angesichts der Dringlichkeit der Lage hat die Kommission den Verordnungsvorschlag binnen sechs Wochen nach Erteilung des Auftrags durch den Europäischen Rat mit hoher Priorität angenommen und wird ihn an die beiden gesetzgebenden Organe weiterleiten. Die Kommission zählt auf eine rasche Annahme, damit sie bis Ende 2022 in der Lage ist, die Mitgliedstaaten bei der Deckung des dringendsten kritischen Bedarfs an Verteidigungsgütern in kooperativer Weise zu unterstützen. 

Darüber hinaus wird die Kommission eine Verordnung über das Programm für Europäische Verteidigungsinvestitionen (EDIP) vorschlagen, das als Dreh- und Angelpunkt für künftige gemeinsame Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte von hohem gemeinsamen Interesse für die Sicherheit der Mitgliedstaaten und der Union dienen wird. 

Hintergrund

Angesichts neuer sicherheitspolitischer Herausforderungen haben die Mitgliedstaaten ihre Absicht angekündigt, mehr für die Verteidigung auszugeben. Ohne eine stärkere Koordinierung und Zusammenarbeit bergen diese verstärkten Investitionen jedoch erhebliche Risiken; dazu gehören eine größere Zersplitterung des europäischen Verteidigungssektors entlang der nationalen Grenzen; eine Begrenzung des Kooperationspotenzials während des gesamten Lebenszyklus der Ausrüstung; eine Verstärkung äußerlicher Abhängigkeiten; die Behinderung der Interoperabilität und der Handlungsfähigkeit der Streitkräfte der Mitgliedstaaten.

Entscheidungen über kurzfristige Ankäufe werden längerfristige Auswirkungen auf die Marktaussichten der EDTIB für die nächsten Jahrzehnte haben. Daher muss die Kommission die Mitgliedstaaten, die bereit sind, ihre Verteidigungskapazitäten gemeinsam zu stärken, rechtzeitig und gezielt unterstützen. 

Ab 2017 wurde durch die beiden Vorläuferprogramme PADR und EDIDP sowie den Europäischen Verteidigungsfonds ein neuer Rahmen für die EU-weite und grenzüberschreitende Zusammenarbeit hinsichtlich Forschung und Entwicklung im Verteidigungsbereich geschaffen.

Das neue sowie das künftige Instrument werden insbesondere mit dem Europäischen Verteidigungsfonds – der mit 8 Mrd. EUR dotiert ist – im Enwicklungs- und Erwerbszyklus von Verteidigungsgütern zusammenwirken.

Das EDIRPA wird auch die Europäische Friedensfazilität ergänzen, die entschlossene Schritte bei der Finanzierung des Beschlusses der Mitgliedstaaten, Verteidigungsgüter an die Ukraine zu liefern, ermöglicht hat. Die Unterstützung beläuft sich bislang auf 2 Mrd. EUR, wobei die Vorbereitungen für weitere Mittelzuweisungen derzeit von den Mitgliedstaaten abgeschlossen werden. Während die Europäische Friedensfazilität diese Übertragungen erstattet, müssen die Mitgliedstaaten nun dabei unterstützt werden, erschöpfte Materialbestände aufzufüllen und dabei kooperativ vorzugehen.

Der Strategische Kompass für Sicherheit und Verteidigung, den der Rat am 21. März 2022 gebilligt hat, deckt alle Aspekte der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ab und treibt die Ambitionen der EU in diesem Bereich weiter voran. Mit dem Verteidigungspaket vom 15. Februar 2022 legte die Kommission konkrete Vorschläge zur Unterstützung der Umsetzung des Strategischen Kompasses vor.

Aufbauend auf all diesen Initiativen und um die Reaktion der EU auf die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine zu verstärken, wurden in der Gemeinsamen Mitteilung vom 18. Mai 2022 über die Analyse der Defizite bei den Verteidigungsinvestitionen und die nächsten Schritte eine Reihe konkreter und abgestufter Maßnahmen vorgeschlagen. Zu diesen Maßnahmen gehören die Einrichtung einer Task Force für die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich und die Schaffung des kurzfristigen Instruments.

Weitere Informationen

Wortlaut des Vorschlags für eine Verordnung

Pressematerial zu Investitionslücken im Verteidigungsbereich und zu deren Behebung

Gemeinsame Mitteilung über die Analyse der Defizite bei den Verteidigungsinvestitionen

Mitteilung über den Beitrag der Kommission zur europäischen Verteidigung

Stärkere europäische Verteidigung

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
19. Juli 2022
Autor
Vertretung in Luxembourg